Schwyzer Psychiater will Schwule «heilen»
«Homosexualität ist keine Krankheit, aber häufig veränderbar»

Der Schwyzer Psychiater Lukas Kiener behauptet, Homosexualität «heilen» zu können. Seine Therapien rechnet er über die Krankenkassen ab. Im Gespräch mit BLICK verteidigt er seine umstrittenen Methoden.
Publiziert: 04.07.2019 um 13:22 Uhr
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Aktualisiert: 15.09.2019 um 09:35 Uhr
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Der Schwyzer Psychiater Lukas Kiener behauptet, Homosexualität behandeln zu können.
Foto: zvg
Fabian Vogt

Lukas Kiener verspricht seinen Patienten, Homosexualität «heilen» zu können. Aufgeflogen ist der Psychiater aus dem Kanton Schwyz durch eine Recherche des Magazins «Gesundheitstipp». Er bot einem angeblichen 24-jährigen Patienten eine Gesprächstherapie an.

Laut dem Magazin wollte Kiener mit dem jungen Mann Rollenvorbilder analysieren und schauen, ob der Klient sexuell missbraucht worden sei. Der Psychiater erklärte dem angeblich Homosexuellen weiter, dass er zur Therapie Fotos von Männern mitbringen soll, die ihm gefallen. Es könnten auch pornografische Bilder sein, berichtet der «Gesundheitstipp». 

«Man muss ganz Mann sein» 

«Wir schauen zusammen an, was Ihnen an dem Mann gefällt. Denn das fehlt Ihnen selbst», soll Kiener gesagt haben. Und weiter: «Man muss ganz Mann sein, sich ganz im eigenen Geschlecht wohlfühlen, dann wird das andere Geschlecht interessant.»

Dauern soll die Therapie 2 Jahre. Die ersten 40 Sitzungen werden laut Kiener von der Krankenkasse übernommen. Danach müsse der Patient einen Antrag stellen, was aber kein Problem sei: «Solche Anträge verlängern die Kassen eigentlich immer», wird Kiener zitiert. Als der junge Mann fragt, ob er später mit einem «Rückfall» in die Homosexualität rechnen müsse, habe Kiener abgewunken: «Heterosexualität ist ein sehr stabiler Zustand», sagt er. Wenn man einmal «da» sei, könne man davon aus­gehen, dass «es so bleibt».

«Homosexualität ist häufig veränderbar»

Gegenüber BLICK verteidigt Kiener seine Methoden: «Homosexualität ist keine Krankheit, aber häufig veränderbar.» Es gehe ihm nur um diejenigen Personen, die unter ihrer Homosexualität leiden. Diese könne er bei der «Reduktion homosexueller Neigungen» unterstützen und helfen, ihre «heterosexuellen Potenziale zu entwickeln».

«Menschen mit diesem Anliegen finden fast keine Therapeuten. Bei mir werden sie unterstützt. Für mich ist der höchste Wert, dass die Selbstbestimmung unantastbar ist. Und dafür werde ich nun angegriffen», sagt Kiener. Der Artikel des «Gesundheitstipp» verschweige zudem Tatsachen. «Ich habe dem Klienten gesagt, dass er nur machen soll, was für ihn stimmt.» Das sei überhaupt nicht berücksichtigt worden.

«Einzelfälle»

Wie viele Patienten mit diesem Anliegen zu ihm kommen, will Kiener nicht sagen. Es handle sich aber um «Einzelfälle». Er schildert einen Fall eines Familienvaters, der nach seinem Coming-out depressiv geworden sei. «In dieser Krise kam er zu mir und ich habe ihn innerhalb seiner Werte und Ziele ernst genommen.»

Nun sei er zurück bei der Familie, es gehe ihm gut und er sei nicht mehr depressiv. Und so etwas würde die «Schwulen-Lobby», wie Kiener die Gegner seiner Methoden nennt, nun verbieten wollen. Er selbst steht religiösen Kreisen nahe. «Ich bete vor und nach einer Sitzung für Rat­suchende», sagte er in einem Interview mit der Zeitschrift «Campus für Christus».

«Solche Therapien können zu Suiziden führen»

Fachleute zeigen sich im «Gesundheitstipp» entsetzt. Psychologe Henri Guttmann aus Winter­thur ZH sagt: «Homosexualität zu behandeln, ist ethisch in keiner Weise vertretbar.» Noch direkter wird Matthias Jäger, Direktor der Erwachsenenpsychiatrie in Baselland. Er bezeichnet solche Therapien bereits 2011 als gefährlich, weil sie zu Depres­sionen, Angststörungen oder anderen psychischen Krankheiten führen könnten, «die nicht selten auch zu Selbstverletzungen und Suiziden führen». 

Natürlich komme es vor, dass Homosexuelle Mühe mit ihrer Neigung haben, sagt der Basler Psychotherapeut Udo Rauchfleisch gegenüber dem Magazin. «Dann geht es darum, wie die Person ihre Homosexualität in ihr Leben integrieren – und nicht darum, wie sie heterosexuell werden kann.» Der Klient solle das Gefühl haben: «Ich bin in Ordnung, wie ich lebe und bin!»

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