Wende in einem der spannendsten Justiz-Krimis der Schweiz: Das Urner Obergericht spricht den Erstfelder Barbetreiber Ignaz Walker wegen des angeblichen versuchten Anschlags auf seine Frau frei!
Für die Schüsse auf den Mann erhält er aber 2,5 Jahre.
Da Walker bereits über vier Jahre in Untersuchungs- und Sicherungshaft war, hat er die Freiheitsstrafe bereits abgesessen. Er muss somit trotz der Verurteilung nicht mehr ins Gefängnis. Über eine Entschädigung für die Überhaft wird in einem separaten Verfahren entschieden.
Walker wurde vorgeworfen, auf einen Mann geschossen und einen Killer auf seine Frau Nataliya K. (37) angesetzt zu haben. Dafür wurde er zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt – in zweiter Instanz erhöhte das Obergericht die Freiheitsstrafe auf 15 Jahre.
Mangel an Beweisen
Den Freispruch begründete das Gericht nun damit, dass die Motive und Indizien nicht mehr derart zwingend seien, dass nicht auch eine andere Tatvariante möglich sei, sagte der Vorsitzende des Obergerichtes. Der Beschuldigte sei deswegen aus Mangel an Beweisen freizusprechen.
Das Gericht geht aber davon aus, dass der Beschuldigte einen Schuss auf einen Gast abgegeben hat. Weil der Hauptbelastungszeuge nicht mehr vom Gericht befragt werden konnte, wurde der Milieuwirt aber nur noch der Gefährdung des Lebens und nicht mehr der versuchten Tötung schuldig befunden. Dazu kommen Waffendelikte.
Walker sieht sich als Justizopfer
Ignaz Walker beteuerte stets seine Unschuld. Er sieht sich als Justizopfer. «Die Staatsanwaltschaft trickste und log», sagte sein Verteidiger Linus Jäggi Anfang Jahr. Sein Mandant sei von Anfang an vorverurteilt worden. Die Behörden hätten getrickst und gemogelt, die Gattin habe den Wirt mit einem fingierten Mordanschlag hinter Gitter bringen wollen.
Das Bundesgericht hatte dem Beschuldigten Recht gegeben und eine Beschwerde teilweise gutgeheissen. Deswegen musste das Obergericht den Fall im Herbst 2015 und Anfang 2016 erneut behandeln.
Staatsanwalt konsterniert
Das letzte Wort ist in dieser Sache aber wohl noch nicht gesprochen. Oberstaatsanwalt Thomas Imholz zeigte sich konsterniert. «Aus juristischer Sicht ist dieses Urteil schlicht nicht nachvollziehbar. Das Obergericht widerspricht sich mit diesem Urteil seinem ersten», sagt er zu BLICK. Und weiter: «Ich warte jetzt zuerst die schriftliche Begründung des Urteils ab, dann schliesse ich nicht aus, dass ich das Urteil ans Bundesgericht weiterziehe.»
Unverständnis für das Urteil hat auch das Opfer, Nataliya K. (37). Mit Tränen in den Augen sagte sie BLICK nach der Urteilsverkündung: «Ich kann das noch gar nicht richtig glauben. Ich hätte nie einen Freispruch erwartet.» (btg/sas/SDA))