Es ist der 20. Oktober, als Bruno Heinzer mit seiner Familie im Kanton Schwyz die Rotenfluebahn nimmt. Heinzer steigt mit einem Sohn in die eine Gondel, seine Frau mit dem jüngeren in die andere.
Kurz vor der Mittelstation Rätigs kommt die Bahn zum Stehen. «Ich nahm an, es sei aufgrund des aufkommenden Windes. Ziemlich schnell realisierte ich jedoch, dass schräg hinter uns eine Gondel, die talabwärts fuhr, abgestürzt war», schreibt Heinzer in einem Leserbrief dem «Boten der Urschweiz». Die Gondel war im Leerlauf.
Verängstigt ruft Heinzer die Talstation an. «Mit grossem Erstaunen und Entsetzen musste ich feststellen, dass dort anscheinend noch niemand vom Vorfall wusste», schreibt Heinzer weiter.
«30 Minuten kamen mir vor wie zehn Stunden»
Im Telefongespräch wird Heinzer aufgefordert, ein Foto vom Masten zu machen, gegen den die Gondel prallte und abstürzte. Danach seien Mitarbeiter gekommen, um den Masten zu inspizieren. «Während 30 Minuten hingen wir in der Luft, gleich neben der abgestürzten Gondel. Diese 30 Minuten kamen mir vor wie zehn Stunden, wurden wir doch im Minutentakt von Föhn-Böen erfasst und mächtig hin und her und auf und ab geschüttelt.»
Nachdem der Mast von Mitarbeitern untersucht wurde, liess man die Gondeln weiter fahren. Heinzer und seine Familie können im Rätigs aussteigen. Sie kommen mit dem Schrecken davon.
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) bezeichnet das Verhalten der Mitarbeiter als «verantwortungsvoll und situationsgerecht», wie die «Luzerner Zeitung» schreibt. Eine Verkettung von unglücklichen Ereignissen hätten zum Absturz der Gondel geführt, denn der Wind blies mit etwa 100 km/h. Weiter heisst es: «Zur Zeit des Gondelabsturzes befanden sich noch Gäste auf der Anlage, die aber bereits in den Stationen gebeten wurden, auszusteigen.»
Heinzer fühlt sich in Stich gelassen
Heinzer erzählt eine andere Version der Geschehnisse und erhebt schwere Vorwürfe. Er sagt, er habe keine entsprechende Aufforderung erhalten. Es hätten sich zum Unglücks-Zeitpunkt und davor keine Mitarbeiter dort befunden. «Wieso befinden sich in den Gondeln keine Lautsprecher, über welche die Insassen bei solchen Vorfällen informiert werden können?»
Er stellte kritische Fragen per E-Mail an die Geschäftstelle der Mythenregion AG, erhält aber laut eigenen Aussagen keine Antwort.
Heinzer findet aber auch lobende Worte: «Dem diensthabenden Personal möchte ich an dieser Stelle recht herzlich danken, dass es uns alle sicher wieder auf festen Boden gebracht hat.» Dennoch erhofft er sich von den Bahnverantwortlichen eine «offene Kommunikation und klärende Stellungnahme».
«Schilderung ist nicht korrekt»
Roland Pfyl, Verwaltungsrat der Rotenfluebahn stellt sich den Anschuldigungen und sagt gegenüber BLICK: «Die Schilderungen von Herrn Heinzer sind nicht korrekt.» Ein Versagen des Überwachungssystems sei ohnehin auszuschliessen. Pfyl sagt: «Wie Herr Heinzer selber festgestellt hat, ist die Bahn automatisch stehengeblieben, als die Gondel abstürzte.»
Entgegen den Aussagen von Heinzer sagt Pfyl, dass die Bahn per E-Mail mit ihm in Kontakt sei. Dieser sei auch zum Gespräch eingeladen worden – das sei von Heinzer aber immer abgelehnt worden.
Auch hätten – wie die Sust festgestellt hat – die Angestellten richtig reagiert: Als die Windböen plötzlich viel stärker als erwartet wurden, habe man entschlossen, die Bahn zu schliessen. «Beide Stationen sind mit Personal besetzt gewesen, die die Gäste aufgefordert haben, die Gondeln zu verlassen», sagt Pfyl.
Bruno Heinzer wollte auf Anfrage von BLICK dazu keine Stellung mehr nehmen. (spr)