Fahrspur gesperrt, Risse im Belag
Erdrutsch-Gefahr vor Gurtnellen

Im Untergrund tut sich was. Erdrutsche und Steinschläge nehmen zu, die Experten sind alarmiert. Denn: Die warmen Winter lassen den Boden schneller altern.
Publiziert: 20.03.2017 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2019 um 19:19 Uhr
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Gesperrter Fahrsteifen auf der Strasse zwischen Amsteg und Intschi Richtung Gurtnellen.
Foto: Anian Heierli
Anian Heierli

Die Alpen bröckeln. In diesem Frühjahr häufen sich Steinschläge und Erdrutsche – vor allem in der Innerschweiz. Im Kanton Schwyz geht am 9. Februar ein Riesen-Erdrutsch nieder. Experten sprechen von einem Beinbruch. 1000 Kubikmeter Fels donnern knapp an der stark befahrenen Verkehrsachse Axenstrasse vorbei.

Kein Einzelfall: Am 5. März bricht ein Teilstück der einzigen Zufahrt nach Bristen UR ab. Und am Wochenende kommt es zwischen Brissago TI und Cannero (I) zum Drama: Ein riesiger Felsbrocken erschlägt Töff-Fahrer Roberto R.* (†68) (BLICK berichtete).

Mehr Schäden als sonst

Im Kanton Uri gibt es zurzeit mehrere Punkte, die unter ständiger Beobachtung stehen. Besonders im Fokus: Die Gotthardstrasse zwischen Amsteg und Gurtnellen, die momentan an einer Stelle nur einseitig befahrbar ist. Aus Sicherheitsgründen.

«Im Strassenbelag entstanden Risse», sagt die Baudirektion auf Anfrage. Noch sind es reine Vorsichtsmassnahmen. Denn: Aktuelle Messungen zeigen, der Hang verhält sich ruhig.

Doch man ist lieber vorsichtig. Zu Recht: Im Juni 2012 ging in Gurtnellen ein Felssturz tödlich aus. Ein Bauarbeiter wurde unter dem Geröll begraben. Die Gotthard-Bergstrecke blieb damals für mehrere Tage gesperrt.

Hinzu kommt: Die kantonalen Experten stellten in diesem Winter überdurchschnittlich viele Schäden an Strassenbelägen fest.

«Es gibt weniger Tage mit Dauerfrost»

Daran ist der Klimawandel mitschuldig. Ende der Achtzigerjahre gab es einen Wärmesprung. Die Temperatur im Winter stieg durchschnittlich um ein Grad. Laut Meteo Schweiz waren ausserdem die letzten Winter besonders mild. «Heute gibt es weniger Tage mit Dauerfrost», sagt Klimatologe Stephan Bader. «Entsprechend häufiger sind Frostwechsel unterhalb von 1000 Metern.» Bedeutet: In der Nacht gefriert der Boden, am Tag taut er wieder auf.

Besorgt wegen häufiger Frostwechsel

Auch Geologe Peter Amacher (62) aus Amsteg beobachtet dieses Phänomen – nicht ohne Sorge: «Früher blieb der Schnee im Winter wochenlang liegen. Heute taut es dagegen immer wieder auf.» Er weiss: «Das lockert den Boden. Es kommt eher zu Erdrutschen oder Steinschlägen.» Der Fachmann erklärt: «Jedes Mal, wenn Wasser zu Eis gefriert, nimmt das Volumen zu. Vorhandene Risse wachsen.» Mit anderen Worten: «Der Fels altert schneller.»

* Name der Redaktion bekannt

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