Ergreifender Abschied von den drei Amok-Opfern von Menznau
Bei «Hells Bells» weinten sogar die «Bösen»

2000 Trauergäste, darunter 400 Schwinger, nahmen gemeinsam Abschied.
Publiziert: 10.03.2013 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:23 Uhr
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2000 Menschen kamen nach Schüpfheim, um von Benno Abschied zu nehmen.
von Leo Ferraro und Niklaus Wàchter

Schulter an Schulter stehen sie hinter den vollbesetzten Kirchenbänken. Es sind Kerle wie Kleiderschränke. Sie tragen Jacken des Schwingclubs Wolhusen LU. Über eine Leinwand flimmern Bilder aus dem Leben von Benno Studer (†26). In einer Endlosschlaufe erklingen die sentimentalen Mundartsongs «Du bisch en Eidgenoss» und «Danke Dir mi Fründ».

2000 Trauergäste nehmen gemeinsam Abschied

Sitzplätze gibt es schon lange keine mehr. Ein Ordner offeriert den Männern Sitzgelegenheiten in der nahe gelegenen Turnhalle, wohin die zweistündige Trauerfeier live übertragen wird. «Nein danke. Wir stehen lieber», sagt einer. In diesem letzten Moment wollen sie ihrem ermordeten Schwingerkameraden noch einmal so nahe wie möglich sein. Unter den rund 2000 Trauergästen sind etwa 400 Schwinger aus der ganzen Schweiz. Gemeinsam feiern sie Studers 42 Kränze, gemeinsam wollen sie Abschied nehmen.

Pfarrer Jakob Zemp (68) ist tief  berührt von der Solidarität: «Hier spürt man die spezielle Mentalität der Schwinger. Sie lassen einander spüren, dass sie sich gegenseitig tragen.» Eine so grosse Trauergemeinde habe er im Dorf noch nie gesehen.

Das Drama von Menznau LU wühlt die gesamte Region auf. Drei Menschen verloren am vorletzten Mittwoch in der Holzfabrik Kronospan ihr Leben. Erschossen von ihrem Arbeitskollegen Viktor B. (†42). Auch der Amokläufer starb beim Drama. Wie genau, ist noch unklar. Kronospan-Chef Mauro Capozzo (48) erscheint an der Trauerfeier sichtlich gezeichnet. Ihm fehlen schlicht die Worte, die Sprache versagt ihm. «Es gibt nichts zu sagen. Man sollte es spüren.»

«Wir werden dich nie vergessen»

Eine Angehörige von Benno Studer erinnert an die Stationen seines viel zu kurzen Lebens. «Er war ein liebenswürdiges, herzliches Schlitzohr», stammelte sie mit stockender Stimme. Benno habe mit seinem aufgestellten Wesen die Herzen aller erobert. Viele Redner würdigen ihn als herausragenden Menschen und Sportler. «Mit ihm verliert der Kanton Luzern eines seiner wichtigsten sportlichen Aushängeschilder», betont der Luzerner Regierungspräsident Guido Graf. Der Spitzenschwinger werde ein Vorbild für die Jugend bleiben. Gerold Koch, Präsident des Entlebucher Schwingerverbands, erinnerte an Studers unvergessenen Kranz am Eidgenössischen Schwingfest 2010: «Lieber Benno. Am Anfang hast Du im Ring am liebsten gesändelet. Aber bald bist Du unbesiegbar und ein richtiger Publikumsliebling geworden. Wir werden Dich nie vergessen.»

«Hells Bells» zum Abschied

Zum Abschied schallen ungewöhnlich rockige Klänge durch die Kirchengänge – «Hells Bells» der australischen Band AC/DC. Benno Studers musikalisches Markenzeichen. Mit diesem Song hatte er sich auf seine Kämpfe eingestimmt. Da brechen auch die stärksten Männer in helle Tränen aus.

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