Die Flammen haben ihr zwei der drei Kinder geraubt. Es ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann. Sandra G.* (40) aus Steinerberg SZ erzählt von der schrecklichsten Nacht ihres Lebens. Und wie sie versuchte, ihre beiden Töchter Livia (†9) und Aurelia (†4) zu retten.
Die dreifache Mutter liegt im Spital in Luzern. Ihre Stimme ist heiser, die Folgen der Rauchvergiftung.
«Ich habe das Wochenende mit den Kindern bei Freunden verbracht. Als wir am Sonntag um 22 Uhr nach Hause kamen, wollten sie nur noch ins Bett. Sie waren alle so müde. Aurelia habe ich noch den Schoppen gegeben. Sogar für eine Gute-Nacht-Geschichte waren sie zu müde», sagt Sandra G.
Um Mitternacht gehen auch sie und ihr Mann Josef F. (49) schlafen. «Bevor wir zu Bett gingen, haben wir noch die Holzheizung eingefeuert, damit das Haus in der Nacht warm bleibt», sagt sie.
Sandra G. rief nach den Mädchen, doch sie gaben keine Antwort
Doch in dieser Nacht ist etwas anders. «Um 2.30 Uhr wurden Josef und ich aus dem Schlaf gerissen. Es war alles voller Rauch», sagt Sandra G. Sie springt aus dem Bett. Rennt zu ihren Mädchen, die im Zimmer nebenan schlafen.
«Ich wollte sie wecken, sie aus dem Zimmer holen. Aber die Flammen schlugen mir schon entgegen. Ich schrie ins Zimmer: ‹Kommt raus! Kommt raus! Springt aus dem Fenster!› Doch sie gaben keine Antwort.» Mit letzter Kraft rettet sich Sandra G. zurück ins Schlafzimmer. Über die Treppe beim Balkon bringt sie sich mit ihrem Mann in Sicherheit. Sohn Matthias (10) gelingt ebenfalls die Flucht aus der Flammenhölle. Der Nachwuchs-Schwinger rettet sich mit einem mutigen Sprung aus dem Fenster.
«Als wir draussen waren, habe ich bei Berta noch Sturm geklingelt, doch der Strom war bereits ausgefallen.»
Vater Josef F. versuchte das Feuer zu löschen
Sandra G. packt ihren Sohn und holt Hilfe. «Ich habe ihn ins Auto gezerrt und fuhr zu den Nachbarn, um Alarm zu schlagen. Wir wohnen sehr abgelegen.»
Währenddessen kämpft Bauer Josef F. verzweifelt gegen die Flammen – und um das Leben seiner Töchter.
«Obwohl Josef Feuerwehrmann war, hatte er gegen das Feuer keine Chance. Alles brannte schon lichterloh», sagt Sandra G. «Doch er hat nicht aufgegeben. Er hat so lange gelöscht, dass seine Füsse erfroren sind.»
Als die Feuerwehr gegen drei Uhr mit 100 Mann beim Hof im Rossbüel ankommt, fehlt von Grosi Berta und den zwei Mädchen noch immer jede Spur.
«Wir hofften noch, dass die Mädchen und Berta es doch aus dem Haus geschafft hatten», sagt Sandra G.
Nach ein paar Stunden wird ihre Hoffnung brutal zerstört. Am frühen Abend findet die Polizei die Leichen von Livia, Aurelia und Berta in der Ruine. Gestern teilte die Polizei mit: Sie starben an einer Rauchvergiftung.
Sohn Matthias liegt im künstlichen Koma
Nach diesem Schock klammert sich Sandra G. an einem Gedanken fest: «Die Mädchen sind wohl friedlich eingeschlafen. Ich hoffe, sie haben gar nichts mitbekommen.»
Dann sagt sie: «Sie waren doch meine Sonnenscheine. Aurelia wäre im Sommer in den kleinen Kindergarten gekommen, Livia war so glücklich in der Schule.»
In all der Trauer ist Sandra G. auch dankbar. «Wenigstens konnte ich sie am Abend vorher noch in Ruhe zu Bett bringen. Ich habe ihnen noch einen Gute-Nacht-Kuss gegeben.»
Sandra G. und Josef F. haben alles verloren. Wie es weitergehen soll, wissen sie nicht.
Das Wichtigste ist für sie jetzt Sohn Matthias. Er liegt mit Verbrennungen dritten Grades an der Hand, Verbrennungen am Kopf und einer schweren Rauchvergiftung im Uni-Spital Zürich. «Die Ärzte haben ihn ins künstliche Koma versetzt, damit sie ihn besser beatmen können. Ich will bei Matthias sein, wenn sie ihn aus dem Koma holen: Er weiss noch nicht, dass seine Schwestern nicht mehr leben.»