Das Drama von Illgau
Doris starb in Sichtweite vom Elternhaus

Sie war jung und fröhlich, hatte frisch das Diplom als Bäuerin. Jetzt ist Doris (19) tot.
Publiziert: 04.05.2010 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:04 Uhr
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Von Adrian Schulthess

Am Morgen früh verlässt Doris ihr Elternhaus in Illgau SZ, macht sich auf den Weg nach Schwyz. Dort arbeitet sie vorübergehend in einer Bäckerei. Doch gestern kommt die junge Frau nicht pünktlich zur Arbeit. «Sie war immer so zuverlässig! Als sie am Morgen nicht auftauchte, rief ich ihre Eltern an», sagt ihre Chefin. «Die haben dann eine Vermisstmeldung aufgegeben.»

Ihre Leiche wird am Mittag im unwegsamen Gelände vor Illgau gefunden. Um 13.30 Uhr geht bei der Kantonspolizei Schwyz die Meldung ein. Sofort brechen ein Polizeihelikopter, die alpine Einsatzgruppe der Polizei und der Rettungsdienst Schwyz auf.

Die Felswand über der Fundstelle fällt fast senkrecht ab, 75 Meter tief. Sie ist vom Elternhaus der Bauerntocher zu sehen. Doris muss sofort tot gewesen sein.

Die Absturzstelle ist abgelegen, das Wetter schlecht, der Boden glitschig. «Ein Wanderweg ins Muotathal führt in der Nähe durch. Aber der ist um diese Jahreszeit nicht begehbar», sagt ein Nachbar. Was, um Gottes Willen, hat Doris gestern hier verloren?

Die 19-Jährige war so aufgestellt und lebensfroh, hatte ein inniges Verhältnis zu ihrer Schwester (20). Gemeinsam mit ihr schloss Doris im Januar die Bäuerinnenschule im Kloster Fahr AG ab. Mit Diplom.

Dann half sie in der Bäckerei in Schwyz aus. Denn ab Juni wollte sie in einem Ausflugsrestaurant in Unterägeri ZG als Serviertochter arbeiten. «Vor drei Wochen stellte sie sich vor», sagt die Wirtin. «Sie wollte eine Saison lang etwas anderes machen, davon träumte sie schon lange. Wir haben ihr sofort zugesagt.»

Im Internet präsentiert sich Doris als fröhliche Bauerntochter in der Sonntagstracht, zeigt stolz «unser Vieh» her. Braunvieh, betont sie. Freut sich über die Musik der «Nidwaldner Buebe», gibt als Interessen «Ausgang, Kollegen, Rollerfahren» an.

Der Sturz über den Fels reisst Doris mitten aus dem Leben. Niemand in Illgau kann sich vorstellen, warum sie in die unwegsame Gegend ging, bei diesem Hudelwetter. Schliesslich kennt sie sich aus hier. «Die Umstände werden jetzt untersucht», sagt Kapo-Sprecher Florian Grossmann. Dritteinwirkung sei auszuschliessen – vermutlich sei es ein Unfall.

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