«Bumsa, figga!»
Darf dieser Nackt-Musiker Richter werden?

Herr Richter, Ihr Hosenladen fehlt: Der SP zeigt Ersatzrichterkandidat Roland Lutz (48, SVP) zu viel Haut.
Publiziert: 12.11.2010 um 00:21 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:39 Uhr
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Von Adrian Schulthess und Roman Neumann

Schon in der Schule neigte «Roli» zum Exhibitionismus, glaubt man seinen Texten: Er habe «öfters in dr Pausa D’Hosa abaloh und allne sin Zipfel zeigt», heisst es in einem «Tyte-Stone»-Lied.

Heute ist Roland Lutz (48) Mitglied der SVP, Informatiker, Familienvater und Kandidat für den freigewordenen Ersatzrichtersitz im Bezirk Einsiedeln SZ. Der einzige Kandidat. Und damit so gut wie im Amt.

Am 28. November wird gewählt – am Abend davor steht Roland Lutz wieder auf der Bühne: «Shy Guy», wie er sich als Gitarrist und Sänger bei «Tyte Stone» nennt, bestreitet einen Auftritt in Illgau SZ. Die Band feiert ihr 30-Jahr-Jubiläum, die Hosen lässt Lutz immer noch gerne runter: Am liebsten spielt er im knappen Elefanten-Tanga.

Zu viel nackte Haut für die lokale SP: «Herr Lutz sieht man mit einem Tanga der extremen Sorte über die Bühne gehen. Zwischen seine Oberschenkel hat er sich einen überdimensionalen, rund einen Meter grossen Penis gesteckt», beschreibt die SP Einsiedeln einen Live-Auftritt der Band, der bei YouTube zu sehen ist. «Ihre Lieder beinhalten äusserst obszöne Texte. Ihre Songs handeln z.B. von sextollen ‹Nonnen›, ‹Rudlfigg›, ‹Gummipuppa durafigga› usw.», empört sich die Partei in einem Leserbrief, der am Dienstag im «Einsiedler Anzeiger» erschien.

Das stimmt alles. Roland Lutz bestreitet nichts. «Ich spiele in einer Partyband! Uns geht es um Unterhaltung, dazu passen auch unsere Outfits», sagt «Shy Guy» Lutz. «Und bei den Liedtexten haben wir ein Konzept: Das sind vertonte Stammtischwitze. Provokante Texte, die an Tabus rütteln, süffisant zugespitzt. Ein bisschen wie der BLICK.»

Jurist ist Roland Lutz nicht. Aber Erfahrungen mit der Justiz machte er bereits mit seiner Band: 1993 gab es eine Anzeige – die Platte «S’warma Album» sei Pornografie und dürfe deshalb Jugendlichen unter 16 Jahren nicht zugänglich gemacht werden, fand ein Redaktor einer Bündner Zeitung. «Das Verfahren wurde dann schnell eingestellt», sagt Lutz.

Aber warum will Nacktrocker Lutz jetzt ausgerechnet Richter werden? «Ich engagiere mich politisch, bin in der SVP und lebe schon über zehn Jahre in Einsiedeln. Die Partei fragte mich an, ich sagte zu», sagt Lutz. «Die Musik ist ja nur ein Hobby. Ich bin ausgebildeter Mechaniker und Informatiker, Unternehmer, Familienvater. Ich bin absolut qualifiziert für den Posten.» Natürlich sei er nicht für alle wählbar. «Aber das gab es sowieso nur in der Sowjetunion.»

Jetzt schweigt die SP: «Von Seiten Parteileitung SP Einsiedeln ist bereits alles gesagt», sagt der Notar Patrick Schönbächler, Co-Präsident der Einsiedler SP zu BLICK. «Seltsam ist es schon», sagt Lutz zum Leserbrief. «Als Kunde in seinem Notariat war es Schönbächler immer egal, was ich in meiner Freizeit so mache.»

CVP Einsiedeln enttäuscht
Benno Kälin, Präsident der CVP Einsiedeln, ist enttäuscht von der SVP: «Hätten wir gewusst, wer hinter dem Namen steht, hätten wir einen eigenen Kandidaten aufgestellt», sagt er. «Wir haben erwartet, dass die SVP jemanden nominiert, der integer ist, einen guten Leumund hat und für das Amt geeignet ist.» Nun wolle man den Mann auf Herz und Nieren prüfen – und unter Umständen auffordern, seine Kandidatur zurückzuziehen.
Benno Kälin, Präsident der CVP Einsiedeln, ist enttäuscht von der SVP: «Hätten wir gewusst, wer hinter dem Namen steht, hätten wir einen eigenen Kandidaten aufgestellt», sagt er. «Wir haben erwartet, dass die SVP jemanden nominiert, der integer ist, einen guten Leumund hat und für das Amt geeignet ist.» Nun wolle man den Mann auf Herz und Nieren prüfen – und unter Umständen auffordern, seine Kandidatur zurückzuziehen.
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