Mit dem Attentat von 2001 ist es das schlimmste Ereignis in der neueren Geschichte Zugs: Die Vorstadtkatastrophe kostete elf Menschen das Leben, 650 wurden obdachlos. 35 Gebäude brachen laut «NZZ» ein. Ein ganzer Küstenabschnitt verschwand im See.
Das ist genau 125 Jahre her. Doch die Katastrophe prägt Zug bis heute. «Bei Neu- oder Umbauten wird durch Auflagen sichergestellt, dass der Boden nicht destabilisiert wird», sagt Stadtrat André Wicki. Die Bauherrschaft muss durch Beizug eines Geologen den Nachweis der Geländestabilität erbringen. «Während der Bauzeit werden laufend Kontrollmessungen durchgeführt. Kommt es zu Erdverschiebungen, gilt sofort ein Baustopp.» Zusätzlich finden unabhängig von Bauarbeiten alle fünf Jahre amtliche Messungen statt. Das gilt für das ganze Gebiet zwischen Rehpark, Bundesstrasse, Bahnhofstrasse, Postplatz, Regierungsgebäude und See.
Diese Auflagen gibt es aus einem guten Grund – die Vorstadtkatastrophe war nämlich kein klassisches Naturereignis. Sie wurde auch vom Menschen verursacht.
Nach Luzerner und Zürcher Vorbild baute Zug im 19. Jahrhundert eine Seepromenade. Das Problem: Teile des Zuger Ufers bestehen aus instabiler Seekreide. Bereits im 15. Jahrhundert rutschten Häuser in den See. Doch die Warnungen blieben ungehört. Das Aufschüttmaterial und die 1884 erstellten Bauten am Quai waren zu schwer für das Fundament. Am 5. Juli 1887, kurz vor 19 Uhr, brach der Boden ein.
«Die Mauern wankten wie bei einem Erdbeben; der Boden wich den Menschen unter den Füssen und in wilder Panik flüchtete sich alles», beschrieb damals der «NZZ»-Korrespondent die Lage. Wie Dominosteine stürzte ein Haus nach dem anderen ein. Es entstand eine 150 Meter breite Bucht, die 70 Meter ins Land hineinragte.
In der Folge wurden alle Häuser zwischen der Katastrophenbucht und dem Regierungsgebäude abgerissen, um den Boden zu entlasten. Stattdessen befindet sich dort jetzt die Rössliwiese. Am Seeufer ist Bauen nun verboten.
All die Massnahmen scheinen zu wirken: In den letzten Jahren hat die Stadt keine Bodenverschiebungen mehr festgestellt.