Im November ist es so weit: Lena* (30) wird zum ersten Mal Mami. Ihr Kind möchte die Luzernerin in einem Geburtshaus zur Welt bringen. Damit ist sie nicht allein: Immer mehr werdende Eltern entscheiden sich dafür. Wurden 2009 noch rund 800 Kinder in Geburtshäusern geboren, waren es 2020 über 2000.
Seit stationäre Geburtshäuser im Gesundheitsgesetz verankert und so den Spitälern gleichgestellt sind, seien die Anmeldezahlen merklich angestiegen, sagt Renate Ruckstuhl-Meier, Hebamme und Geschäftsführerin des Geburtshauses Terra Alta in Oberkirch LU, wo aktuell rund 450 Familien im Jahr begleitet werden.
Aktuell gut ausgelastet
Natürlich bediene man noch immer eine Nische – weniger als drei Prozent der Neugeborenen erblicken hierzulande die Welt in einem Geburtshaus. «Aber ich bin überzeugt, dass künftig immer mehr Paare erkennen werden, dass das Geburtshaus bei einer normalen Schwangerschaft eine sichere und echte Alternative zum Spital ist.» Viele Geburtshäuser sind aktuell denn auch gut ausgelastet, manche führen gar Wartelisten. Und in Winterthur ZH soll spätestens 2023 ein neues seine Tore öffnen.
Lisa Bammatter, Hebamme und Mediensprecherin des geplanten Geburtshauses ist überzeugt, dass es auch für weitere einen Markt gebe. «In unserer täglichen Arbeit mit werdenden und frischgebackenen Eltern stellen wir ein wachsendes Bedürfnis nach einem positiven, selbstbestimmten und natürlichen Geburtserlebnis fest. Dazu gehört eine ganzheitliche und individuelle Begleitung der Schwangerschaft, Geburt und in der ersten Zeit als Eltern.» Geburtshäuser seien die perfekte Antwort darauf.
Eine Hebamme pro Familie
Bammater: «Die Familien und Hebammen kennen sich. Während der Geburt betreut die Hebamme nur eine Familie, das bietet eine grosse Sicherheit.» Ausserdem werden die Paare auch vor und nach der Geburt laufend unterstützt. «Wir bieten Hausbesuche im Wochenbett an, bis die Familie zu Hause gut angekommen ist», sagt Renate Ruckstuhl-Meier.»
Dieser Ansatz hat auch Lena überzeugt. «Ich denke, das Geburtshaus ist ein guter Ort, um ein Kind zur Welt zu bringen», sagt sie. Zudem finde sie es angenehmer, die Geburt an einem Ort zu erleben, den man normalerweise nicht bei Krankheit oder Verletzung aufsuche. Gefallen findet Lena auch daran, dass die Partner der Gebärenden sowohl bei der Geburt als auch im Wochenbett ohne Unterbruch vor Ort sein können – dank sogenannter Familienzimmer. Weil dies auch aktuell während der Pandemie gewährleistet ist, erfreuen sich Geburtshäuser laut Hebamme Lisa Bammater noch grösserer Beliebtheit.
Kürzere Besuchszeiten beibehalten
Selbst nach einer Geburt im Spital würden viele Familien das Wochenbett nun nämlich in einem Geburtshaus verbringen wollen. Auch sonst führt das Virus zu Änderungen: Weil die Besuchszeiten eingeschränkt wurden, konnten Eltern ihre Neugeborenen in Ruhe kennenlernen und fühlten sich erholter. Viele Geburtshäuser wollen die kürzeren Besuchszeiten darum künftig beibehalten.
Das wird auch Lena freuen, wenn sie im Spätherbst zum ersten Mal ihr kleines Wunder in die Arme schliessen darf.
*Name geändert