Herr Rechsteiner, wo liegt das Kerngeschäft der 'Ndrangheta?
Alexander Rechsteiner: Beim Handel von Betäubungsmittel. Sie spielt eine sehr wichtige Rolle im Kokainhandel in Europa, wonach man davon ausgehen kann, dass sie auch für den Schweizer Kokainmarkt eine gewichtige Rolle spielt. Es kommen aber auch andere Delikte hinzu.t
Zum Beispiel?
Diebstahl, Betrug, Menschenhandel und Geldfälschung, aber auch illegale Wetten, Drohungen und Erpressung.
Haben die Mitglieder, die sich im Boccia-Club in Frauenfeld trafen, selber Drogen oder Waffen gehandelt?
Zum konkreten Fall können wir nichts sagen. Generell fördert die Mafia kriminelle Aktivitäten, nicht alle Mitglieder eines sogenannten «locali» sind aber selber kriminell aktiv oder verkaufen gar Drogen auf der Strasse. Man muss sich das so vorstellen: Die 'Ndrangheta organisiert den Schmuggel von Kokain von Südamerika nach Europa. Die Ware kann dann aber auch durch andere kriminelle Gruppen verteilt werden, welche mit der Mafia zusammenarbeiten.
Im Jahresbericht von fedpol steht, dass die mafiöse Gruppe auch Diebstahl begeht.
Einige Mitglieder der 'Ndrangheta stehen im Zusammenhang mit Diebstahlsdelikten. Oft liefern die lokalen Clans aber lediglich Informationen zu Objekten vor Ort und unterstützen somit einen Diebstahl.
Und wie steht es mit Waffen? Viele in Italien bei Mafiosi gefundene Waffen wurden in der Schweiz gekauft.
Es tauchen in Italien im Zusammenhang mit der Mafia tatsächlich ab und zu Waffen aus der Schweiz auf. Die Geschäfte mit dem Waffenhandel dienen nach aktuellen Erkenntnissen aber dem Eigengebrauch.
Wie kommunizieren die Mafiosi untereinander? Auch mit modernen, überwachbaren Techniken wie etwa Telefon und SMS?
Davon ist auszugehen. Doch die persönlichen Treffen sind sehr wichtig für die 'Ndrangheta. Einerseits finden dort die Rituale statt, welche tief in der Mafia-Tradition verankert sind. Es geht es immer auch stark um den familiären Zusammenhalt. Andererseits werden bei den Treffen aber auch Aufträge verteilt und Beschlüsse gefasst.