Würdelose Tiernutzung
So elend hausen die Bernhardiner vom Gornergrat

Bereits seit 1998 beanstandet der STS die qualvollen Shootings mit den Foto-Bernhardinern. Jetzt hat der Tierschutz Strafanzeige gegen die Agentur Foto Fast AG eingereicht.
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Trügerische Kulisse: Die Bernhardiner auf dem Gornergrat, im Hintergrund das Matterhorn.
Foto: STS
Von Ulrich Rotzinger und Philipp Albrecht

Das Matterhorn im Hintergrund, die Bernhardiner mit Schlafzimmerblick und dem berühmten Fässchen um den Hals an der Seite: So lassen sich Touristen auf dem Gornergrat hoch über Zermatt VS gerne mit dem Schweizer Nationalhund ablichten.

Doch der Alltag der treuherzigen Riesen ist elend. Vier bis sechs Stunden täglich sind die Foto-Bernhardiner im Einsatz. Nach dem Verlassen des Zwingers kommen sie direkt an Maulschlaufen, müssen täglich eine Berg- und Talfahrt von 45 bis 60 Minuten erdulden und bleiben auf dem Gornergrat an der Leine.

«Die Shootings sind für die Hunde eine Qual», sagt Tierärztin Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz (STS). Das bewegungslose Ausharren im Schnee, damit keine unscharfen Bilder resultieren, ermüde die Hunde schnell. Kinder dürfen sogar auf dem Rücken der Hunde posieren.

«Einen Rechtfertigungsgrund für diese Leiden im Sinne von Art. 4 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes ist nicht ersichtlich», sagt Fitzi.

Stossend: Tränende und entzündete Augen durch Sonne und Lichtreflexion werden bei den Tieren regelmässig beobachtet.

Strafanzeige eingereicht

Seit 1998 beanstandet der STS diese «würdelose Tiernutzung». Zuletzt im Januar 2015. Mitarbeiter des STS observierten zehn Tagen ununterbrochen die Haltung von fünf Bernhardinern der Firma Foto Fast in Zermatt. «Gleich mehrfach haben wir klare Gesetzesverstösse feststellen können», sagt Fitzi. Der erschütternde, noch unveröffentlichte Bericht liegt BLICK vor. Ebenso die Strafanzeige, die der STS gegen Foto Fast eingereicht hat und die heute bei der Staatsanwaltschaft in Visp VS eintrifft.

Die Fotoagentur hält laut eigener Website sechs Bernhardiner. Sie würden in einem «nigelnagelneuen Haus in Winkelmatten» leben und über «schöne neue Räumlichkeiten in atemberaubender Umgebung» inklusive einer Fussbodenheizung verfügen. Tatsächlich hausen die Tiere aber in einem Abbruchhaus am Waldrand. Während der Beobachtung seien die Fenster tagsüber offen gestanden, kein einziges Mal habe Licht gebrannt – überall Kot und Urin im 30 Quadratmeter kleinen Gehege.

Ist ein Bernhardiner mittlerweile tod?

Fitzi: «Zwei Hunde sind während zehn Tagen überhaupt nie ausgeführt worden.» Dabei gelte der Weg zu den Shootings gesetzlich nicht als Auslauf. Nicht ausschliessen kann Fitzi, dass der sechste Hund von Foto Fast inzwischen verstorben ist. «Es ist uns ein Rätsel, weshalb das Veterinäramt nicht schon längst konsequenter intervenierte.»

Dem widerspricht Jérôme Barras: «Wir haben in der Vergangenheit die Kontrollen verstärkt», sagt der Walliser Kantonstierarzt. «Bei der letzten Kontrolle im Januar haben wir nichts Illegales feststellen können.» Die portugiesischen Besitzer von Foto Fast sind überrascht über die Strafanzeige. «Wir verstossen in keiner Weise gegen das Gesetz», sagt Firmeninhaberin Yolanda de Carvalho zu BLICK. Man tue für die Bernhardiner nur das Beste.

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