Vor dem Café de l’Ancienne Gare in Freiburg sitzen rund 50 Gäste in der Abendsonne, geniessen auf der Terrasse ein Bier.
Einige spielen Boule. Es geht gegen sechs Uhr. Die Stimmung ist friedlich.
Doch plötzlich wird es laut. Michael H.* (44), Freunde nennen ihn «Napoleon», und der Inder Shaiz F.* (36) geraten aneinander.
Streit um Stuhl
«Sie stritten sich um einen kleinen Stuhl. Shaiz zerrte daran, das liess sich Michael nicht gefallen», sagt Yassin Bouzar (43), der am Nebentisch den Streit beobachtet.
Nach dem Gezerre packt «Napoleon» seinen Rucksack, nimmt Hund Speedy und geht. «Wortlos. Alle dachten, der Streit ist erledigt», so Bouzar.
Falsch gedacht. Michael H. hat einen brutalen Plan. Er geht die 1,2 Kilometer bis zu seiner Wohnung. Dort packt er ein Bajonett ein. Und kehrt zurück.
Kellner Gilles (43) erinnert sich: «Plötzlich stand er mit dem Bajonett da, sagte nichts. Er stach kräftig zu. Einmal. Mitten in den Unterleib von Shaiz.»
Dann gönnt er sich eine Zigi
Irre: Dann lässt er das blutige Bajonett fallen, setzt sich an ein Tischchen und zündet sich eine Zigi an.
Shaiz F. geht zu Boden, schreit, atmet schwer. Wird immer bleicher und verliert das Bewusstsein. Passanten kümmern sich schliesslich um den Schwerverletzten.
Minuten später treffen Polizei und Sanität ein. Auch Kellner Alex (32) wird Zeuge und behält den Täter im Auge. Verhindert, dass er flieht.
Was trieb «Napoleon» zu dieser Wahnsinns-Tat? «Alkohol war es nicht. Er hat nur zwei, drei Bier getrunken», so Kellner Gilles.
«Da muss sonst was vorgefallen sein. Wegen eines Stuhls sticht man doch keinen Menschen nieder.»
H. ist seit Jahren Stammgast im Café, gehört quasi zum Inventar. Als Kinderbuchübersetzer kam er vor Jahren nach Freiburg, heute lebt er in einer Künstler-Kommune.
Ein Freund: «Michael ist ein kauziger Typ. Er wird schnell laut und aggressiv. Aber dass er grundlos zusticht, hätte ich nie gedacht.»
In Freiburg kein unbeschriebenes Blatt
Bei der Kantonspolizei Freiburg ist der Täter dennoch kein Unbekannter.
Sprecherin Donatella Del Vecchio (41): «In der Vergangenheit wurde er wegen Vermögensdelikten, Sachbeschädigung und Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz angezeigt.»
Das Opfer ist lebensgefährlich verletzt worden und liegt im Spital. Der Staatsanwalt ermittelt wegen versuchter Tötung.