René-Michel Hadorn (47) will eine Mineralwasserflasche öffnen. Mühsam klemmt er den Verschluss zwischen Unter- und Oberarm ein. Seine Hände sind zu schwach für solche alltäglichen Aufgaben.
Der ehemalige SBB-Angestellte kann auch nicht mehr richtig gehen. Nur wenige Meter unter grossen Schmerzen. «Didier Défago hat mich zum Krüppel gefahren. Er hat mein Leben zerstört», sagt der IV-Rentner. Nach einem Unfall mit dem Skirennstar verlor Hadorn seine Gesundheit und seinen Job. «Ich bin noch jung, aber der Körper, in dem ich jetzt leben muss, ist nicht mehr mein eigener.»
Passiert ist der Unfall am 24. Juli 2005. Hadorns Frau Marie-Noëlle (44) erklärt, warum sich die Familie gerade jetzt an BLICK gewandt hat: «Wir wollen endlich reden, weil Défagos Kreuzbandriss in den Medien gross thematisiert wurde. Im Vergleich zum Fall meines Mannes ist das ein Bobo. Und darüber, wie mein Mann leidet, darüber sagte Défago öffentlich nie etwas.»
Den Tag des Unfalls wird René-Michel Hadorn nie mehr vergessen. Es ist kurz vor 19 Uhr, als er mit seinem 650er-Suzuki-Roller auf der Hauptstrasse Richtung Montreux VD fährt. Didier Défago (heute 33) ist im Audi des Ski-Verbands Richtung Lausanne unterwegs. Beim Einbiegen auf die Autobahn übersieht er den entgegenkommenden Motorradfahrer. «Der Audi war plötzlich vor mir», erinnert sich Hadorn. Zuerst knallt der SBB-Angestellte mit seinen Knien in den Windschutz seines Motorrads. «Ich hörte die Knochen krachen. Es tat höllisch weh», so Hadorn.
In einem hohen Bogen fliegt er aufs Autodach und kracht dann auf die Strasse. «Dabei brachen meine beiden Handgelenke. Auch dieses Knacken der brechenden Knochen werde ich nie vergessen.» Hadorn erinnert sich, wie Défago aus dem Auto rennt und sich über ihn beugt. «Er rief: ‹Ich bin schuld, ich habe Sie nicht gesehen!›» Wegen des offenen Oberschenkelbruchs wird der Bähnler mit der Rega ins Spital in Lausanne gebracht.
Der Walliser Didier Défago ist im Strassenverkehr kein unbeschriebenes Blatt. Im Jahr 2000 erhielt er wegen zu schnellen Fahrens eine Verwarnung. 2003 bekam er zehn Tage Gefängnis auf Bewährung wegen schwerer Verletzung der Verkehrsregeln. 2004 wurde ihm der Führerschein für einen Monat entzogen.
Für den Unfall von 2005 ist Défago zu einem Monat Gefängnis mit drei Jahren Bewährung verurteilt worden.
Das Opfer blieb zwei Monate im Spital und drei Monate in der Klinik der Suva. 17-mal wurde Hadorn operiert. Noch heute muss er neun verschiedene Medikamente zu sich nehmen. Ein implantiertes Elektro-Impuls-Gerät in seinem Bauch unterbricht die Schmerzübertragung ins Gehirn. «Ohne das Gerät würde ich aus dem Fenster springen», sagt er.
Vor kurzem bekam Hadorn die Horror-Diagnose: «Die Ärzte haben gesagt, dass sie mir in wenigen Jahren Knie-Prothesen einsetzen müssen.»
Doch die Anteilnahme des Skirennfahrers Défago hält sich in Grenzen. «Er besuchte mich zweimal im Spital. Ich kann mich aber wegen der Medikamente fast nicht erinnern», sagt der IV-Rentner. «Dann hat er noch zweimal angerufen. Und dann hörte ich fünf Jahre lang nichts mehr von ihm. Ich war sehr enttäuscht.»
Im Dezember 2009 schreibt Marie-Noëlle einen Brief an Défago. «Ich erklärte darin, wie sehr wir noch heute unter dem Unfall leiden. Aber wir erhielten nicht einmal eine Antwort auf den Brief. Kein Wort, gar nichts.»
Olympiasieger Défago befindet sich zur Zeit in den Ferien. Sein Manager Ralph Krieger bezieht Stellung zum Unglück der Hadorns: «Es handelt sich hier um einen tragischen Unfall. Didier Défago hat einen Fehler gemacht, hat ihn anerkannt und dafür gebüsst. Doch es war ein Konzentrationsfehler. Das kann jedem passieren.»
Défago habe den Verletzten nicht mehr besucht, weil Hadorn selber es so gewollt habe. «Die Familie sagte Didier, dass er ihn momentan nicht mehr besuchen soll», erklärt Krieger. Den Brief habe er nicht beantwortet, weil er so «empört» geschrieben war.
Dass Didier Défago ein gefährlicher Strassenrowdy sein soll, davon will sein Manager nichts wissen. «Die Vorstrafen hatten mit überhöhter Geschwindigkeit zu tun», so Krieger. Sie seien «keineswegs mit den Umständen des Unfalls vergleichbar.» Didier sei jung gewesen, heute fahre er anständiger. Er sei ja jetzt auch Familienvater geworden. Das habe ihn reifer gemacht.
Krieger: «Dass Didier nie darüber gesprochen hat, ist doch verständlich. Wer redet schon gerne über seine Fehler. Niemand würde so etwas eingestehen.»
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