Was in der vergangenen Woche in Tafers FR passiert ist, ist an Tragik kaum zu überbieten. Mitten in der Nacht klagt eine ältere Dame über Atemnot. Ihr Lebenspartner fährt sie sofort ins nahe Spital. Die Rentnerin (†80) war schon länger krank. Unter anderem hatte sie mit schweren Herzproblemen zu kämpfen. Im Auto verliert die Dame ihr Bewusstsein und wird ohnmächtig.
Auf der Notfall-Station in Tafers angekommen will der ältere Mann sofort Hilfe holen. In den Notfall tragen kann er sie nicht. Den Notfallknopf sucht er vergeblich, der wurde durch ein Corona-Plakat abgedeckt. Er fährt mit dem Auto zum Haupteingang und wieder zur Notfall-Station. Durch Hupen macht er auf sich aufmerksam. Endlich eilt Hilfe herbei. Die Helfer ziehen die Frau aus dem Auto und versuchen sie am Boden zu reanimieren. Doch sie ist bereits tot.
Spitaldirektor drückt sein Beileid aus
Was der Lebenspartner zu dem Zeitpunkt nicht wusste: Die Notfall-Station von Tafers ist schon seit einigen Monaten in der Nacht geschlossen – nur noch tagsüber wird behandelt. Eingeführt wurde dies während der Corona-Krise. Doch wurde diese Änderung auch kommuniziert?
An der heutigen Medienkonferenz haben der Spitaldirektor Ronald Vonlanthen und die Kommunikationschefin Jeannette Portmann zum tragischen Fall Stellung genommen, den die Zeitung «Freiburger Nachrichten» publik gemacht hatte. Gleich zu Beginn verschaffte der Spitaldirektor seinen Emotionen Luft: «Ich möchte mein besonderes Mitgefühl dem Partner ausdrücken. Ich bin selber Anästhesist und Notarzt und habe glaube ich eine ziemlich gute Vorstellung von der Dramatik, die man in so einer Situation durchlebt.»
«Die Patientin kam schon tot bei uns an»
Dennoch geht Vonlanthen nicht davon aus, dass die Dame bei sofortiger Hilfe überlebt hätte: «Ich selbst beurteile den Fall so, dass die Patientin eigentlich schon tot bei uns angekommen ist. Bei der ersten Überprüfung der Vitalzeichen hat man schon keine Herzzeichen mehr feststellen können. Das zeigt, dass das Todesereignis schon ein paar Minuten zurückgelegen ist.» Laut Studien hätten Patienten so meistens keine Chance, wenn nicht direkt in den ersten Minuten mit der Reanimation begonnen würde.
Fest steht für den Spitaldirektoren: So etwas, darf nie wieder passieren! Deswegen nimmt die Kommunikationschefin nun eine Informationskampagne in Angriff. Zwar sei die Änderung der Öffnungszeiten im Vorfeld den Gemeinden und mit Zeitungsinseraten kommuniziert worden – wohl aber nicht genügend. Die neue Kampagne soll die Bevölkerung nun auch sensibilisieren, schneller die Notfall-Nummer 144 zu wählen. Ein First Responder könne oftmals innert wenigen Minuten auf Platz sein und Erste Hilfe leisten. So könne die Zeit bis zum Eintreffen der Ambulanz überbrückt werden.
BLICK spricht mit der Tochter der Verstorbenen
Auch der betroffenen Familie selbst ist die Aufklärung der Bevölkerung ein Anliegen. Die Tochter der Verstorbenen sagt im Gespräch mit BLICK: «Wir wollen keine Schlagzeilen machen, das bringt unsere Mama auch nicht wieder zurück. Uns ist es jetzt viel wichtiger, die älteren Leute zu sensibilisieren.» Die Familie macht eine schwierige Zeit durch. Vor allem der Lebenspartner, der seine Freundin nach 25 gemeinsamen Jahren sterben sehen musste, leidet sehr.
Ob ein Anruf der Nummer 144 die 80-Jährige hätte retten können, steht nicht fest. Dennoch sagt die Tochter mit Nachdruck: «Die älteren Leute haben oft eine Hemmschwelle, die 144 zu wählen. Sie wollen niemandem Umstände machen.» Sie mahnt: «Sie sollten die Notfallnummer besser einmal zu oft als zu wenig anrufen!»