Beim toten Vater der verschwundenen Zwillinge gefunden
Ist dieser Stift die heisse Spur?

Silbergrau. 15 Zentimeter lang. Blauer Griff. Der Stift mit der Aufschrift «La Meridionale» ist der letzte Strohhalm der Ermittler im Fall der verschwundenen Schweizer Zwillinge.
Publiziert: 21.02.2011 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 17:30 Uhr
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Hatten die Zwillinge den Kugelschreiber von der Fähre nach Korsika in der Hand?
Foto: ZVG
Von Myrte Müller

Silbergrau. 15 Zentimeter lang. Blauer Griff. Der Stift mit der Aufschrift «La Meridionale» ist der letzte Strohhalm der Ermittler. Er wird am Montag entlang der Gleise am Bahnhof von Cerignola (I) gefunden. Unweit jener zertrümmerten Plastikteile, die zu Matthias Schepps († 43) Navi gehören. Dinge, die er bei sich trägt, als er am 3. Februar um 22.47 Uhr vor den Intercity Mailand–Bari springt.

Die Funde lassen hoffen. Der Stift muss ein Souvenir von der Fähre «Scandola» sein, für die Schepp drei Billetts löste. Das GPS-Gerät speicherte die Reiseroute. Doch es wurde beim Aufprall mit der Lokomotive so stark beschädigt, dass es unverwertbar erscheint. Nichts bleibt unversucht: Die italienische Polizei schickt die Navi-Reste zum US-Hersteller.

Mehr verspricht sich Staatsanwalt Vincenzo Russo vom Werbe-Kugelschreiber der französischen Fährlinie La Meridionale. Vielleicht haben die entführten Zwillinge mit dem Stift gezeichnet, ihn in den Mund gesteckt. In einem römischen Speziallabor wird mögliche DNA analysiert. Kann sie Alessia und Livia (beide 6) zugeordnet werden, dann waren die kleinen Mädchen auf dem Schiff.

Es wäre die einzige wirklich glaubwürdige Spur. Denn in der Innenkabine Nr. 211, die Schepp in Marseille für die Überfahrt nach Korsika reservierte, wurden weder DNA-Spuren von ihm noch von seinen Töchtern sichergestellt. Es gibt keine Aufnahmen von Überwachungskameras. Es bleiben lediglich die Zeugenberichte. Zu wenig für Gewissheit, sagt die Polizei.

Die Ermittler warten nebst den Resultaten aus Amerika und Rom auch auf eine weitere Analyse: Aus welcher Region stammt der Lehm im Profil der Audi-Reifen? Führt er zum möglichen Grab der Zwillinge?

Mutter Irina Schepp (44) sieht das grösste Rätsel in den Zeitlücken des ersten Entführungs- Tages: «Er lässt am Sonntag die Kinder drei Stunden beim Nachbarn, holt sie um 13 Uhr ab. Was macht er in dieser Zeit?»

Um 15.50 Uhr sendet er ein SMS an seine Frau. Da ist er in Morges VD. Wo ist er die zweieinhalb Stunden vorher? Um 19.38 Uhr sein letztes SMS – aus der Nähe von Lyon (F). Braucht er wirklich fast vier Stunden für 200 Kilometer Autobahn?

In der italienischen TV-Sendung «Domenica 5» spricht die verzweifelte Mutter über ihre Hoffnung: «Matthias hat seine Kinder so geliebt. Ich kann nicht glauben, dass er ihnen so etwas Schreckliches antut. Es fehlen zwei Reisetaschen, die nirgends auftauchen.» Irina Schepp gesteht: «Nie hat sich Matthias so offen geäussert wie in den letzten Briefen. So verzweifelt. Aber er offenbarte sich erst, als er mir keine Chance mehr bot, darauf zu antworten.»

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