Die Kundin hat ihrem Vermögensberater jedoch auch nicht sehr streng auf die Finger geschaut. So liess sich die in Frankreich lebende Frau bei ihren Besuchen in der Schweiz jeweils den Gang der Geschäfte durch den Berater mündlich darlegen. Die auf der Bank lagernden Belege liess sie jedoch unkontrolliert dort.
Wie sehr die um 1,5 Millionen Euro geprellte Kundin ein Mitverschulden am Schaden trägt, muss das Kantonsgericht Waadt nun noch prüfen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Frau in einem am Mittwoch publizierten Urteil gutgeheissen.
Die Vorinstanz muss entscheiden, wie stark sich das Verhalten der Frau juristisch betrachtet auf die geschuldete Schadenssumme auswirkt.
Zehn Jahre lang hatte die Kundin blindes Vertrauen in ihren Finanzberater. Ihre geschäftliche Beziehung begann 2010. Als der Berater 2004 zur Bank Piguet & Cie (heute Piguet Galland & Cie) wechselte, zügelte die Frau 1,5 Millionen Euro dorthin. Der Kontostand stieg und erreichte im Dezember rund 1,9 Millionen Euro.
Das Portefeuille bestand aus verschiedenen Produkten und Fremdwährungen. Regelmässig ging die Kundin vorbei, um sich bis zu einige Tausend Euro auszahlen zu lassen. Bei diesen Gelegenheiten rapportierte der Berater mündlich.
Als der Berater im Frühling 2007 die Privatbank verliess, blieb das Guthaben bei der Bank. Für die Bewirtschaftung stellte die Frau ihm eine Vollmacht aus.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Mann als noch ehemaliger stellvertretender Direktor bereits einmal rund 83'000 Euro für einen Edelmetallkauf auf das Konto einer Firma einzahlen lassen.
Der Betrag wurde jedoch nicht für die vorgeschobene Investition verwendet, sondern floss auf das Konto einer Frau, die den gleichen Nachnamen trägt wie der Berater.
Unterschrift gefälscht
Hellhörig hätte die Bank gemäss Bundesgericht werden müssen, als der Berater zwei weitere «Edelmetallkäufe» für einen Betrag von über einer Million Euro tätigte. Dafür fälschte er die Unterschrift der Kundin - sehr gut sogar, wie später ein Fachmann bestätigte.
Die Bank fragte bei ihrem ehemaligen Angestellten nach, ob diese Aufträge tatsächlich korrekt seien, was dieser bestätigte. Wie das Bundesgericht festhält, hätte der zuständige Bankmitarbeiter wegen des ungewöhnlich hohen Betrags und der Struktur des Portfolios sich bei der Kundin selbst rückversichern müssen.
Nach zwei weiteren «Edelmetallkäufen» im Sommer und Herbst 2010 betrug der Kontostand der Kundin noch rund 5000 Euro. Dieses Geld liess sich der Berater auch noch überweisen und schloss dann das Konto.
Als die Frau im Dezember 2010 versuchte Kontakt zu ihrem Berater aufzunehmen, hatte sie keinen Erfolg. Sie wandte sich deshalb im darauffolgenden Monat an die Bank und stellte fest, dass ihr Geld weg war. Und mit ihm der Berater.
Aus dem Urteil des Bundesgerichts geht hervor, dass dieser die Gelder von fünf weiteren langjährigen Kunden eingesackt hatte. Sein letzter Arbeitgeber reichte deshalb Strafanzeige gegen ihn ein. (SDA)