Blick.ch-Leser Reto (43) ärgert sich. Auf dem Rückweg von Olten nach Zürich wird er vom Kondukteur gebüsst, weil sein Billet nicht gültig ist. Der 43-Jährige war sich sicher, dass er morgens ein 24-Stunden-Zonen-Ticket gelöst hatte.
Der Kondukteur aber kennt keine Gnade: Zur 90 Franken Busse kommen noch 12 Franken für das gültige Rückfahrtsticket hinzu «Dabei betonte der SBB-Angestellte auch noch, dass er jetzt die kulante Variante gewählt habe und mich nicht als Schwarzfahrer registrieren würde», sagt der Winterthurer.
13-Jährige stempelt verkehrt ab – 90 Franken!
Dabei hätte der Kondukteur den Winterthurer auch ungestraft davonkommen lassen können. Denn seit die SBB am 11. Dezember die Billetpflicht auch im IC eingeführt hat, will sie die Zuggäste mit Augenmass und gesundem Menschenverstand kontrollieren und kulant sein.
Dass Kulanz aber eine schwierige Praxis ist, zeigt der heutige Radio-Bericht in «Espresso». Ein Hörer der Konsumsendung erzählt, dass er trotz fehlender Tageskarte nur 10 Franken Busse erhielt, ein anderer Mann aus Bern kassierte 90 Franken Strafgeld weil sein Abo abgelaufen war. Eine 13-Jährige muss eine Busse bezahlen, weil sie ihre Mehrfahrtenkarte auf der falschen Seite abstempelt, einem Paar in der 1. Klasse erlässt ein gütiger Kondukteur eine Busse von ingesamt 300 Franken – trotz falschem Rückfahrtsdatum.
Inkasso-Stelle als orientalischer Bazar
Ein SBB-Kunde handelt seine Busse bei der Inkasso-Stelle auf 30 Franken herunter, ein anderer Kunde wird auch dort mit einem saloppen «Das ist nun mal so, wenn sie ohne gültiges Ticket fahren» abserviert.
Zugfahren als Glücksspiel? Die SBB winkt ab. «Mit der Kulanzregelung wollen wir den Fahrgästen, die den Wechsel nicht mitbekommen haben eine Chance geben, sich an die neue Regelung zu gewöhnen», sagt SBB-Mediensprecher Reto Kormann zu Blick.ch.
Gegen 1600 Zugbegleiter sind in den Schweizer Fernverkehrszügen unterwegs. «Sie müssen beurteilen, ob der Fahrgast eine Geschichte erzählt, die stimmig ist oder ob es sich um Humbug handelt.» Das sei manchmal schwierig und Zugbegleiter würden auch immer wieder mit abstrusen Geschichten konfrontiert, die offensichtlich erfunden seien.
In drei oder vier Monaten werde man prüfen, ob die Änderung dann breit angekommen ist bei den Kunden. (jes)