Neben einer Baustelle in Steinhausen ZG stellt Rolf Waltert (61) seinen Hyundai an den Strassenrand. Der Monteur und Bauplaner besichtigt eines seiner Objekte. Als er zum Auto zurückkehrt, klemmt eine Busse unter dem Scheibenwischer. 120 Franken verlangt die Polizei wegen «Parkieren auf dem Trottoir».
«Das hat mich grausam genervt», sagt Waltert. «Mein Auto hat neben der Baustelle sicher keinen gestört.» Der Luzerner entscheidet sich, das Geld nicht zu zahlen. Er erhält mehrere Mahnungen. Und schliesslich eine Verfügung, die Busse im Gefängnis abzusitzen. «Das war in Ordnung. Hauptsache, ich muss nicht zahlen.»
Gegen die Trennwand aus Metall geschleudert
Waltert stellt sich auf dem Posten Reussbühl LU. «Ich wurde bis auf die Unterhose durchsucht. Danach wurden meine Hände hinter dem Rücken gefesselt, drei Polizisten führten mich aus dem Gebäude.» Schaulustige hätten ihn angeglotzt. «Ich fühlte mich wie ein Schwerverbrecher. Obwohl es nur um eine Parkbusse ging.»
Der Gefängnistransporter fährt los zur Zentrale der Luzerner Polizei. Gurte gibt es nicht. Walterts Hände sind hinter dem Rücken gefesselt, er kann sich nicht festhalten. «Auf Höhe Fluhmühle hat der Fahrer plötzliche eine Vollbremsung gemacht. Ich wurde durch den Kastenwagen geschleudert, prallte mit voller Wucht gegen die Trennwand aus Metall!»
Der Monteur liegt mit Schmerzen am Boden. Dennoch geht die Fahrt weiter. «Als wir ankamen, habe ich mich beschwert. Aber die Polizisten gingen nicht darauf ein.»
Waltert wird nach Zug gebracht, verbringt zwei Nächte im Gefängnis. Als er wieder zu Hause ist, besucht er einen Arzt. Dieser hält im Zeugnis Prellungen an Arm und Schulter fest. Er schreibt den Monteur drei Wochen krank. «Ich arbeite selbständig auf dem Bau. Durch den Unfall hatte ich fast einen Monat lang keine Einnahmen.»
Etliche Briefe hat Waltert der Polizei seither geschrieben. Er will, dass diese als Verursacher für die Ausfälle aufkommt. Doch die Beamten winken ab: «Es handelte sich um ein normales Bremsmanöver und um keinen Unfall», schreibt der Chef der Stabsdienste der Luzerner Polizei. «Wir halten fest, dass der Transport unter Einhaltung aller geltenden Vorschriften durchgeführt wurde.»
Waltert beharrt auf seiner Geldforderung
Tatsächlich gibt es in der Schweiz seit 2006 eine Ausnahmeregelung. Fahrzeuge für den Gefangenentransport müssen keine Gurte haben. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren hat beim Bundesamt für Strassen darum gebeten. Zwar würde «den Gefangenen eine wichtige Schutzeinrichtung vorenthalten», heisst es im Schreiben.
Mit gefesselten Händen sei es zwar «schwierig oder sogar unmöglich, sich festzuhalten oder einen Aufprall abzudämpfen», aber das eigene Personal werde «beim Anlegen und Lösen der Gurte einer Verletzungsgefahr durch die Gefangenen (Kopfstösse, Schläge mit den Knien) ausgesetzt.» Es reiche aus, die Wagen an gewissen Stellen zu polstern.
Die KKJPD gewichtet die Sicherheit der Polizisten also höher als jene der Gefangenen. Waltert ist verärgert: «Ich hätte mir auch das Genick brechen können!»
Er beharrt weiterhin auf seinen Geldforderungen. «Nur wegen der Polizei habe ich mich verletzt, konnte dadurch wochenlang nicht arbeiten. Ich überlege mir, mit einem Anwalt gegen die Verantwortlichen vorzugehen.»