Darum gehts
- Vogelgrippe breitet sich aus, befällt Säugetiere und könnte Schweine infizieren
- Virus in Supermarkt-Produkten gefunden, Experten besorgt über mögliche Pandemie
- Seit Mitte Februar keine Vogelgrippefälle bei Tieren in der Schweiz
Die Vogelgrippe H5N1 breitet sich in Europa aus – vor allem betroffen sind naturgemäss Vögel. Über den Winter haben die Fallzahlen wieder zugenommen, wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bekannt gab.
Doch nicht nur das: Eine der Varianten der Vogelgrippe kann auch auf Säugetiere überspringen. In den USA infizierten sich im vergangenen Jahr entsprechend Kühe, vor allem Milchkühe, in verschiedenen Bundesstaaten. Das Virus lagerte sich in deren Milch an. Das heisst: Vogelgrippe liess sich in Supermarkt-Produkten finden. Deswegen sieht die EFSA die grossen Schweinebestände in Europa in Gefahr.
«Die Vogelgrippe ist sicherlich ein Sonderfall, da sie sich immer mehr von Vögeln auf Säugetiere ausbreitet», sagte EFSA-Experte Bernhard Url zur «Financial Times». Und sollten Schweine sich infizieren, könnten die Tiere als Vermittler agieren. Vom Vogel zum Menschen. Der riesige Schweinebestand in Europa könnte ein «gefährliches Viruslabor für Rekombinationen» werden, so Url weiter. Das Virus könnte sich also so verändern, dass es sich leichter auf den Menschen übertragen lässt. Bisher sei die H5N1-Situation in Europa «relativ gut unter Kontrolle». Aber dennoch müsse man weiter wachsam sein.
Mädchen infizierte sich mit Virus und starb
Schon Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten (52), war im vergangenen Jahr besorgt, als er die Meldungen über infizierte Kühe in den USA las. Er sieht eine mögliche neue Pandemie aufziehen. «So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem grossen Ausbrüche bei Kühen – alle Fachleute sind besorgt», so Drosten zum «Redaktionsnetzwerk Deutschland». Das Vogelgrippevirus H5N1 war erstmals 1996 aufgetaucht. Seit 2020 steigt jedoch die Zahl der Infektionsherde bei Vögeln exponentiell an – parallel dazu nahm auch die Zahl betroffenen Säugetierarten zu. Fast alle erkrankten Vögel sterben an H5N1.
Was zur Besorgnis beiträgt: Das Virus kann auch für den Menschen gefährlich werden. Anfang April starb ein Mädchen (†3) aus Mexiko an der Vogelgrippe.
Es gibt bislang keinen Impfstoff
Und wie ist die Lage in der Schweiz? Wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV schreibt, sind seit Mitte Februar dieses Jahres keine Fälle der Vogelgrippe bei Tieren mehr aufgetreten. Bei Menschen habe es noch gar nie einen Fall gegeben, wie das Bundesamt für Gesundheit BAG auf Anfrage von Blick bestätigt.
«Bisher gibt es in der Schweiz keinen bestätigten Fall einer H5N1-Infektion beim Menschen», sagt BAG-Sprecher Simon Ming zu Blick. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus des Subtyps H5N1 sei für die Allgemeinbevölkerung in der Schweiz ohnehin derzeit sehr gering.
Doch auch wenn hierzulande bislang keine Übertragung auf den Menschen stattgefunden hat, kann diese nicht komplett ausgeschlossen werden, so Ming. Bei einer Infektion treten grippeähnliche Symptome auf. Einen Impfstoff für Menschen gibt es bisher nicht.
Keine kranken oder toten Tiere berühren
Ming betont, dass man der Bevölkerung empfehle, keine kranken oder toten Tiere zu berühren. «Personen, die beruflich oder regelmässig mit potenziell infiziertem Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln in Berührung kommen, sollen sich angemessen schützen.»
Die dringliche Verordnung zum Schutz vor der Vogelgrippe, die vom BLV lanciert wurde, lief Ende März aus. Die Verantwortung zur Überwachung der Tiere liege nun bei den Haltern und Halterinnen – treten Krankheitssymptome, wie Atemprobleme, Appetitlosigkeit oder ein Rückgang der Legeleistung bei Hühnern, auf, muss umgehend ein Tierarzt oder eine Tierärztin verständigt werden.