Walliser Bergführer überlebt die Monster-Lawine am Mont Blanc. Sein Freund aus Regensdorf ZH stirbt.
Die Tragödie von Hans & Kilian

Sie standen schon auf vielen Gipfeln nebeneinander. Nun sind die Freunde für immer getrennt.
Publiziert: 14.07.2012 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:59 Uhr
1/2
Buchhalter Hans S. (†63) aus Regensdorf ZH starb im Schnee.

Die Monster-Lawine ist das schlimmste Unglück der letzten Jahre am Mont Blanc. Auf 100 Meter Breite und 100 Meter Länge reisst sie alles mit. Die Schneedecke ist fast sechs Meter hoch, gespickt mit Eisblöcken. Neun Menschen sterben am Donnerstag am «Verfluchten Berg», am Mont Maudit oberhalb von Chamonix (F) (BLICK berichtete).

Mittendrin: Kilian Volken (61) aus Fiesch VS und sein Freund Hans S.* (63) aus Regensdorf ZH. Der Bergführer und der Buchhalter standen schon auf vielen Gipfeln nebeneinander. Auch auf dem Mont Blanc.

Kilian Volken ist ein Vollblut-Bergführer, der schon mehrere Achttausender bezwang. Hans S. ist passionierter Hobby-Bergsteiger. Mit der Ausdauer für das Gipfelkreuz: Er ist Präsident der Skisektion des Zürcher TV Unterstrass, Kassier beim Radsportclub Regensdorf, rennt an Marathons. In Regensdorf lebt er alleine. «Er ist selten daheim. Immer beim Sport», sagt eine Nachbarin. «Aber Hans ist kein Abenteurer, der unnötige Risiken eingeht.»

Um 5.15 Uhr kam die tödliche Lawine

Am Donnerstagmorgen will Volken seinen Freund und eine deutsche Bergsteigerin auf einer der beliebtesten Routen auf den höchsten Punkt der Alpen führen: über den Mont Maudit (4465 m ü. M.) auf den Mont Blanc (4810 m). Ausgangspunkt ist die Berghütte Refuge des Cosmiques auf 3613 Metern. Auch die Schweizer übernachten dort. «Ich freute mich, Kilian wieder einmal zu sehen», sagt Hüttenwartin Laurence Cantele (43). «Er brachte mir ein Walliser Brot mit.»

Um ein Uhr in der Nacht weckt Cantele die ersten Bergsteiger. «Darunter auch Kilians Gruppe. Sie stärkten sich mit Nutella-Brot und Cornflakes. Gegen zwei Uhr gingen sie mit etwa 20 anderen los.»

Keine vier Stunden später, um 5.15 Uhr, geht die tödliche Lawine nieder. Drei Briten, drei Deutsche, zwei Spanier und der Schweizer Hans S. werden in den Tod gerissen.

«Sie warteten extra lange zu»

«Sie warteten extra lange zu mit dieser Tour», sagt Christian Volken (30), der mit seinem Vater im Spital sprechen konnte. «Dass eine solche Lawine heruntergekommen ist, kann ich nicht fassen. Wer oder was sie ausgelöst hat, konnte ich nicht sehen. Ich habe bloss noch Erinnerungsfetzen», erzählt Kilian Volken seinem Sohn.

«Wir waren in der dritten Seilschaft, also relativ weit oben», so der erfahrene Bergführer. «Die Schneemassen rissen mich mit. Zum Glück war mein Rucksack fest angeschnallt. Der hat mir wohl das Leben gerettet. Er hat mich an der Oberfläche gehalten. Ich hatte grosses Glück, dass mich der Schnee nicht verschlungen hat. Ich hatte den Kopf an der Luft, konnte mich aber keinen Zentimeter bewegen. Ich war wie einzementiert im Schnee. Die Minuten bis zur Rettung kamen mir ewig vor.»

Kilian Volken wird noch am Donnerstag in die Schweiz geflogen, liegt nun in Visp VS auf der Intensivstation. «Er hat starke Erfrierungen an Händen und Füssen, eine Rippe ist gebrochen», sagt sein Sohn. «Aber er ist ausser Lebensgefahr, hat keine Lähmungserscheinungen. Die Ärzte sind optimistisch, dass er wieder wird gehen können.»

Die Nordflanke des Mont Maudit hat wieder Leben ausgelöscht. Auf der Route, die manche wegen der vielen Bergsteiger spöttisch die «Mont-Blanc-Autobahn» nennen.

* Name bekannt

Ein Alpinist mit Erfahrung

Kilian Volken (61) gehört zu den erfahrensten Alpinisten der Schweiz. Er stand schon auf den Himalaya-Gipfeln Mount Everest (8848 Meter) und Cho Oyu (8180 M.) sowie dem Broad Peak (8051 M.) im chinesisch-pakistanischen Grenzgebiet. Im letzten Sommer trat er eine Expedition auf den K2 (8611 M.) an, der als schwierigster der 14 Achttausender gilt. Er musste den Aufstieg wegen Sturms abbrechen. Volken gehört als Touren-Chef auch zum Organisationskomitee der Jubiläumsfeier zur Finsteraarhorn-Erstbesteigung. Präsident des Patronatskomitees der 200-Jahr-Feier ist Bundesrat Ueli Maurer (61). Er will am 15. August auf den Gipfel steigen.

Kilian Volken (61) gehört zu den erfahrensten Alpinisten der Schweiz. Er stand schon auf den Himalaya-Gipfeln Mount Everest (8848 Meter) und Cho Oyu (8180 M.) sowie dem Broad Peak (8051 M.) im chinesisch-pakistanischen Grenzgebiet. Im letzten Sommer trat er eine Expedition auf den K2 (8611 M.) an, der als schwierigster der 14 Achttausender gilt. Er musste den Aufstieg wegen Sturms abbrechen. Volken gehört als Touren-Chef auch zum Organisationskomitee der Jubiläumsfeier zur Finsteraarhorn-Erstbesteigung. Präsident des Patronatskomitees der 200-Jahr-Feier ist Bundesrat Ueli Maurer (61). Er will am 15. August auf den Gipfel steigen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?