Voll ins Nasse getroffen
Nur SRF-Meteo freut sich übers Sauwetter

Niederschlagsprognosen werden von Computern geliefert. Die Kunst der Meteorologen ist es, das zutreffendste Modell auszuwählen. SRF-Meteo hat beim Rekordregen gut gewählt.
Publiziert: 18.06.2016 um 14:29 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:40 Uhr
Zwei Schwäne stehen auf dem überfluteten Fussweg am Bodensee in Rorschach.
Foto: KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Von Niklaus Wächter

Am Mittwoch hat der Meteodienst des Schweizer Radios und Fernsehen vor 100 bis 160 mm Niederschlag im Tessin und bis zu 200 mm im Maggiatal und im Centovalli gewarnt. «Niederschlagsprognosen werden in Form von Wettermodellen geliefert. Wir wählen unter einer engeren Auswahl von fünf Modellen das uns am wahrscheinlichsten scheinende aus und korrigieren es mit unseren Erfahrungswerten», schildert Ivo Sonderegger vom SRF-Meteo-Team. Einschlägige Erfahrungen im Hochgebirgsland Schweiz  mit seinen Wind- und Strömungssystemen helfen den Meteorologen auch vorauszusagen, in welchen Regionen besonders viel oder eben etwas weniger Niederschlag zu rechnen ist.

Trotz der angekündigten Extremwerte haben die Regenspäher vom Dach voll ins Nasse getroffen: 162 mm wurden von der Messstation im Nordtessin registriert. «Und rund 200 mm dürften es gemäss der Radaraufzeichnungen im Maggiatal und Centovalli gewesen sein», freut sich Sonderegger. Mit gemessenen 87 mm in Elm und 88 mm im Valsertal lagen auch diese Regionen sauber im vorausgesagten Bereich von 60 bis 100 mm. «Das haben meine Kollegen choge gut getroffen», freut sich Sonderegger. 

Selbstverständlich ist das aber nicht. «Vor allem in den Sommermonaten prognostizieren die Wettermodelle im Zusammenhang mit Gewittern und Schauern oft zu viel Niederschlag. Da müssen wir in der Regel nach unten korrigieren», verrät Sonderegger. 

Auch MeteoSchweiz  hat mit 130 bis 160 mm die Sintflut gut eingeschätzt.

«Die Vorhersage der Niederschlagsmengen ist insofern schwierig, als aufgrund der Topografie durch Stau- oder Leeffekte grosse Unterschiede auftreten können», erläutert Meteorologe und Warnkoordinator Daniel Murer, Im Sommer bei Gewittern seien zusätzliche Unsicherheiten bei der Vorhersage der Lokalisierung und der Stärke der Gewitter zu verzeichnen. «Die Auswirkung von Starkniederschlägen auf Mensch und Infrastruktur ist enorm», sagt Murer. Deshalb seien möglichst präzise Vorhersagen besonders wichtig für MeteoSchweiz, das als  Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie von Amtes wegen für die Warnung von Behörden zuständig ist. «Private Wetterdienste stehen nicht in dieser Verantwortung», betont Murer.

Trotzdem wetteifern auch diese mit bei der Verbreitung von möglichst exakten, verlässlichen Prognosen.  Mit «verbreitet 40 bis 70 mm und im Tessin gebietsweise 100 mm, stelleweise auch deutlich mehr»,  hat der private Wetterdienst MeteoNews diesen Regenfall allerdings klar unterschätzt. «Die Grössenordnung hat gestimmt. Weit weg von der Wahrheit waren wir aus unserer Sicht nicht», meint Roger Perret.

Weil es sehr viele verschiedene Wettermodelle mit sehr unterschiedlichen Niederschlagsberechnungen gebe, sei es oft auch eine Glücksache, die besten zu erwischen. «Insgesamt war der Hauptniederschlag im Norden etwas weiter östlich als erwartet, sodass insbesondere in der Zentralschweiz meist weniger, im Bündnerland aber teils mehr Niederschlag gefallen ist als erwartet,» erklärt er.

Grundsätzlich gäbe es Grenzen in der Meteorologie. «Auch wenn dies viele nicht verstehen wollen.» So sei eine ortsgenaue Vorhersage von Niederschlagsmengen aufgrund der Komplexität schlicht nicht möglich.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?