Mit dem «Samschtig-Jass» wurde die Rote Villa in Märstetten TG schweizweit bekannt. Die Jubiläumssendung brachte dem SRF am vorletzten Samstag traumhafte Einschaltquoten – und dem Bordell im Thurgau einen Rekordabend mit mehr als 80 Gästen.
Was die Puff-Besucher nicht wussten: Kameras überwachen jeden Schritt von Prostituierten und Freiern. Die knopfgrossen Linsen filmen am Eingang zum Haus, an der Bar und in den Gängen zu den Zimmern. Die Kameras sind im ganzen Haus verteilt, teilweise als Rauchmelder getarnt.
Die Bilder werden gespeichert, während 24 Stunden sind sie abrufbar. Die Betreiber der Roten Villa können via Smartphone auf die Videos zugreifen.
Die Überwachung habe sich aus Sicherheitsgründen bewährt, sagt Chef A. W.*: «Wir hatten einen Einbruch im Haus. Wir stellten der Polizei die Bilder zur Verfügung. Diese halfen bei den Ermittlungen.» Die Bilder sind von so guter Qualität, dass Personen darauf zu erkennen sind. In den Zimmern aber werde nicht gefilmt, beteuert W.
Die Villa ist nur einer von zahlreichen Rotlicht-Betrieben in der Region, die zu seinem Imperium gehören. Hunderte Frauen bieten in W.s Etablissements ihre Dienste an, zahlen Miete und geben 40 Prozent der Einkünfte an den Bordellbetreiber ab.
Die ausgefeilte Überwachungstechnik ist eine Familienangelegenheit: W. betreibt ein grosses Unternehmen, das auf Videoüberwachung und Einbruchsicherung spezialisiert ist. Er sagt: «Die Kameras in meinen Bordellen sind legal.»
Doch warum sind sie an den Eingängen zu den Zimmern als Brandmelder getarnt? Dazu W.: «Das habe ich vom Vorgänger so übernommen.» Hinweisschilder würden auf die Kameras aufmerksam machen.
Nur sind die offenbar so diskret angebracht, dass sie auch bei mehreren Besuchen im Lokal nicht auffallen. Auch die Frauen sagen, dass sie von der Überwachung im Haus nichts wissen.
Tatsächlich gelten bei der Überwachung durch Kameras klare Regeln. Francis Meier, Sprecher des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, sagt: «Wer ein Lokal mit Videokameras überwachen lässt, muss dies deutlich kennzeichnen.»
Sowohl für Mitarbeiter als auch für die Kundschaft müsse erkennbar sein, dass sie gefilmt werden.
Vor allem im Freudenhaus ist Videoüberwachung ein heikles Thema. Auch in anderen Sex-Etablissements spionieren Kameras. Freier empören sich in Internetforen: «Auf so etwas kann ich verzichten!»
Ein anderer berichtet über seinen Besuch in einem Bordell bei Basel: «Ich war kurz dort und habe die Kamera gesehen – dann bin ich wieder gegangen.»