Vergewaltigung von Seebach
Miladin T. (19):«So lief es wirklich ab»

Wegen der spektakulären Vergewaltigung von Seebach sass er sieben Monate im Gefängnis. Jetzt redet Miladin T.* (19) erstmals über den Abend, der die ganze Schweiz schockierte.
Publiziert: 10.11.2007 um 21:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:12 Uhr
Von Beat Kraushaar

Ein grauer Wohnblock im Zürcher Seebach-Quartier. Miladin serviert Kaffee. Hier in dieser Dreizimmerwohnung sollen er und zwölf seiner Kollegen vor einem Jahr die damals 13-jährige Michelle* vergewaltigt haben.

Was danach passierte, schildert Miladin so: «Am 16. November um 6.15 Uhr standen drei Polizisten in meinem Zimmer. ‹Lesen Sie das›, sagte eine Polizistin und hielt mir ein Papier hin. Darauf konnte ich das Wort Vergewaltigung lesen.» Dann wird der aus Serbien stammende Schweizer verhaftet. «Sie legten mir vor den Augen meines Vaters die Handschellen an. Das war schlimm. Ich schämte mich.» Bevor man ihn abführte, ging die Polizistin noch zum Schlafzimmer der Eltern und sagte: «Da ist es passiert.»
Auszüge aus der Medienmitteilung der Zürcher Polizei vom 16.11.2006: «Am Wochenende vom 11./12. November wurde ein 13-jähriges Mädchen mehrfach vergewaltigt. Die Stadtpolizei nahm heute 13 am Vorfall beteiligte Personen fest.» Rasch sickerte durch: Die meisten Jugendlichen stammten aus dem Balkan.

«Was die Polizei damals gesagt hat, war gelogen», sagt Miladin. Erstmals will er als Direktbetroffener aus seiner Sicht kundtun, was genau an diesem Abend passierte.
«Ich war aus Serbien zurückgekommen, wo ich mit der Familie meinen 18. Geburtstag feierte. Zurück in Zürich kaufte ich mit ein paar Kollegen Bratwürste zum Grillieren. Das hat sich herumgesprochen und am Schluss sassen dreizehn Leute in meiner Stube.» Und Michelle? «Das Mädchen war nicht eingeladen, sie kam einfach vorbei und dann hat alles angefangen.»

Er zieht die Brille ab und fährt fort: «Es gab keine Massenvergewaltigung. Ausser mir hatten noch drei andere Sex mit dem Mädchen. Aber nicht gemeinsam.
Und ich habe sie auch nicht vergewaltigt.»

Die Aussage stimmt mit den neusten Erkenntnissen der Untersuchung überein. Vom Vorwurf einer Massenvergewaltigung bleibt wenig übrig. Nur im Fall von L.*, einem der vier, die am Abend dabei waren, gehen die Untersuchungsbehörden von einer Vergewaltigung aus. Miladin wird wegen «sexueller Handlungen mit einem Kind» von der Staatsanwaltschaft angeklagt, wie der «Tages-Anzeiger» diese Woche berichtete.

«Ich wurde angeklagt, weil es verboten ist, mit einem Mädchen zu schlafen, das mehr als drei Jahre jünger ist. Hätte ich das gewusst, hätte ich keinen Sex mit ihr gemacht», sagt Miladin. Siebeneinhalb Monate sass er für dieses «Unwissen» im Gefängnis in Dielsdorf ZH. Dort nannten ihn die Mithäftlinge Kinderschänder.

«Im März komme ich vor Gericht und hoffe, dass ich nicht mehr ins Gefängnis muss», sagt Miladin. Am liebsten möchte er das Geschehene nur noch vergessen und möglichst rasch einen festen Job bekommen.
Michelle hat er seither nie mehr gesehen.

* Alle Namen von der Redaktion geändert

Der Fall Seebach
11. November 2006: Die damals
13-jährige Schülerin Michelle soll mehrmals vergewaltigt worden sein.

13. November 2006: Per Zufall
hört eine Sozialarbeiterin ein Gespräch mit, in welchem über die angebliche Vergewaltigung gesprochen wurde.

16. November 2006: Die Polizei verhaftet zwölf Jugendliche und einen gerade volljährig gewordenen Mann. Am gleichen Tag wird die Öffentlichkeit informiert.

22. Dezember 2006: Bis auf den jungen Erwachsenen werden alle Burschen wieder aus der Haft entlassen.

7. November 2007: Der «Tages-Anzeiger» berichtet, dass von der «Massenvergewaltigung wenig übrig bleibt. Die Anwälte kritisieren die Polizei wegen der Vorverurteilung ihrer Klienten. Ungeschoren kommen die Jugendlichen aber nicht weg: Einige von ihnen müssen sich wegen Diebstahls, Raubs und Versenden von Handy-Pornos verantworten.
11. November 2006: Die damals
13-jährige Schülerin Michelle soll mehrmals vergewaltigt worden sein.

13. November 2006: Per Zufall
hört eine Sozialarbeiterin ein Gespräch mit, in welchem über die angebliche Vergewaltigung gesprochen wurde.

16. November 2006: Die Polizei verhaftet zwölf Jugendliche und einen gerade volljährig gewordenen Mann. Am gleichen Tag wird die Öffentlichkeit informiert.

22. Dezember 2006: Bis auf den jungen Erwachsenen werden alle Burschen wieder aus der Haft entlassen.

7. November 2007: Der «Tages-Anzeiger» berichtet, dass von der «Massenvergewaltigung wenig übrig bleibt. Die Anwälte kritisieren die Polizei wegen der Vorverurteilung ihrer Klienten. Ungeschoren kommen die Jugendlichen aber nicht weg: Einige von ihnen müssen sich wegen Diebstahls, Raubs und Versenden von Handy-Pornos verantworten.
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