Vatermord von Pfäffikon ZH – jetzt spricht der Angeklagte
«Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen»

Am Dienstag haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers im Mordfall von Pfäffikon gehalten. In seinem Schlusswort zeigt der Angeklagte Stephan L. (21) tiefe Reue.
Publiziert: 01.11.2016 um 15:49 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:36 Uhr
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Sein Vater habe ihn über Jahre gedemütigt, sagt Täter Stephan L. (21)
Jessica von Duehren

Vor Gericht zählen Fakten, keine Emotionen. Dass diese Unterscheidung in manchen Fällen aber schwierig ist, haben am Dienstag die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Mordprozess von Pfäffikon ZH gezeigt. 

Stephan L.* wird vorgeworfen, seinen Vater Balts L.* (†67) im März 2015 mit einem Kopfschuss regelrecht hingerichtet zu haben (BLICK berichtete). Der 21-Jährige ist geständig. Für Staatsanwalt Markus Oertle ist klar: Es war Mord. Er fordert 14 Jahre Knast für den Angeklagten.

«Er hat ihn meuchlings abgeknallt»

Verteidiger Valentin Landmann sieht das anders. Er plädierte von Anfang an für vorsätzliche Tötung und maximal zehn Jahre Haft. Am Dienstag brachte er nach einem Hinweis der Richterin eine weitere Möglichkeit ins Spiel: Totschlag. Das Mindeststrafmass liegt bei einem Jahr. 

Der 21-Jährige hat seinen Vater, einen ehemaligen NZZ-Redaktor, erschossen. «Er hat ihn von hinten meuchlings abgeknallt. Das ist ein Fakt», sagt Staatsanwalt Markus Oertle. Sein Appell an das Gericht: «Man muss zwischen Fakten und Emotionen trennen.»

Das war auch für ihn nicht einfach. Er habe das Gefühl, dass es in diesem Prozess zwei Verteidiger gegeben habe: Valentin Landmann als den des Täters – und ihn selbst als Vertreter des Opfers. 

Stephan L. selbst will keine milde Strafe. «Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen», sagt er in seinem Schlusswort. Es gebe keine Entschuldigung für das, was er getan habe: «Nichts auf der Welt kann das rechtfertigen.» Er wünschte, er hätte seinen Vater so kennengelernt, wie seine Freunde ihn kannten: freundlich, hilfsbereit und zuverlässig – das sei aber leider nicht passiert.

Urteil für Freitag geplant

Tatsächlich spielt die familiäre Vorgeschichte in diesem Fall eine zentrale Rolle: Die Vernachlässigung, Lieblosigkeit, der frühe Tod der alkoholkranken Mutter und die Wutausbrüche des Vaters hätten Stephan L. nach und nach zerfressen. Der Streit an jenem Märztag seien der Tropfen gewesen, «der das Fass zum Überlaufen brachte», sagt Landmann. 

Das qualifiziere auch den Antrag auf Totschlag. «Stephan befand sich unter grosser seelischer Belastung, die während eines langen Zeitraums herangewachsen ist.»

Der Staatsanwalt kontert: Der Streit von Vater und Sohn habe sich im normalen Rahmen bewegt. Die Tat hingegen sei brutal, hinterrücks und skrupellos gewesen. Das Opfer habe nicht einmal die Möglichkeit gehabt, um Gnade oder Verzeihung zu bitten. Das Urteil folgt voraussichtlich am Freitag. 

* Namen der Redaktion bekannt

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