Unwetter trifft zum zweiten Mal in einem Jahr das Weisstannental
Kaum aufgeräumt, schon wieder verwüstet

Der kleine Mülibach im Weisstannental trat am Mittwoch über die Ufer und traf einen Gnadenhof für Tiere und eine Forellenzucht. Wie schon vor einem Jahr.
Publiziert: 29.07.2016 um 20:49 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:04 Uhr
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«Mach Platz.» Schwein Sophie hat nur noch wenig Auslauf und wird von Seyffert beschäftigt.
Foto: Siggi Bucher
Michael Sahli

Ein Unglück kommt selten allein! Für die Bewohner des Weilers Schwendi im Weisstannental oberhalb von Mels SG gilt die Redewendung ganz besonders. Denn: Innerhalb eines Jahres wurde der idyllische Fleck gleich zwei Mal von Wassermassen getroffen.

Das erste Mal krachten am 9. August 2015 Schlamm und Steinbrocken ins Tal. Diesen Mittwoch trat der Mülibach zum zweiten Mal über die Ufer und richtete grossen Schaden an. «Ich weiss nicht, wie es weitergehen soll», sagt Theresa Seyffert (59) zu BLICK. Sie ist die Chefin des Gnadenhofs Luna, wo blinde Tiere eine Heimat finden. Der Hof beherbergt unter anderem Kühe, ein Schwein, Geissen, Schafe, Hasen und die beiden Pfauen Gustav und Elena. «Gerade haben wir die Schäden der letzten Flut langsam in den Griff bekommen – da ist der Mülibach wieder über die Ufer.» Der Schaden geht in die Zehntausende. «Vor allem die Zäune wurden zerstört – und auch Stall und Keller standen wieder unter Wasser.»

Tiere kamen keine zu Schaden

Immerhin: Dieses Jahr sind keine Tiere zu Schaden gekommen. «Nach einem Hasen mussten wir lange suchen.» Jetzt aber sei ihr ein Stein vom Herzen gefallen. «Letztes Jahr kam eine Schildkröte ums Leben!»

Damals konnte Seyffert den Hof vor dem Ruin retten. «Dank Tausender Arbeitsstunden, Spenden und freiwilligen Helfern.» Auch dieses Mal will sie nicht aufgeben: «Ich werde kämpfen – die Geräte zum Aufräumen haben wir ja noch!»

Nur wenige Meter weiter ist das Restaurant Fischerstübli. Dort ist der Schaden noch grösser. Zudem kamen 900 Zuchtforellen ums Leben. Besitzer Meinrad Gmür (54) und seine Frau Esther (59) haben das Lokal nach dem letztjährigen Unwetter erst im Februar wieder eröffnet. «Letztes Jahr hatten wir 400'000 Franken Sachschaden. Das dürfte auch jetzt wieder der Fall sein», sagt Gmür.

Dabei hatte der Wirt noch Glück im Unglück: «Wir hatten Todesangst. Plötzlich haben die Fluten unsere Tür aus dem Rahmen gesprengt – und das ganze Haus unter Wasser gesetzt. Wir konnten nur noch flüchten.»

Kampf mit dem Trauma

Seit dem letzten Unwetter leidet der Wirt unter psychischen Spätfolgen: «Ich habe Angst vor jedem Gewitter – bin sogar auf Medikamente angewiesen.» Trotz des erneuten Rückschlags wollen sie nicht aufgeben.

Die Gmürs und Seyfferts sind allerdings wütend auf die Gemeinde. Der gemeinsame Tenor: «Es hätten schon lange Massnahmen gegen den Bach getroffen werden müssen.»

Gemeindepräsident Guido Fischer (54) versteht den Frust. «Ich habe grosses Mitgefühl mit den Betroffenen.» Nach der letzten Flut habe der Gemeinderat sofort Massnahmen geplant, um den Weiler baldmöglichst besser schützen zu können. Dabei geht es um ein Grossprojekt: «Neben einer Begradigung des Baches gehören Massnahmen an Strassen und Brücken dazu – vielleicht müssen Schöpfe abgerissen oder Dämme gebaut werden.»

Ironie des Schicksals: Just am Tag der Flut waren Experten gerade an der Begehung des Mülibachs.

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