Unterwegs mit dem schlechtesten Hockeyteam der Schweiz
Pleiten, Puck und Pannen

Ciapa ’n’ Puck heisst das «schlechteste Hockey-Team der Schweiz». Im Tessiner Dialekt bedeutet der Name: Wir fangen uns die Pucks ein. Die Spieler von jung bis alt spielen aus Spass. Speziell, mutig, sympathisch.
Publiziert: 14.02.2016 um 19:28 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:21 Uhr
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Die fröhlichen Verlierer von Ciapa ’n’ Puck posieren für das Mannschaftsfoto.
Foto: Ti-Press
Myrte Müller

Noch eine Stunde bis Anpfiff. Doch die Locarneser Mannschaft im feuerroten Trikot steht schon an der Balustrade. Kampfbereit, mit entschlossener Miene hinter dem Helmvisier. «In sieben Jahren und 50 Matches gelang uns ein einziger Sieg», sagt David Leoni (47), «und das auch nur, weil beim Gegner der Torwart ausfiel. Ich glaube, wir sind die schlechteste Mannschaft der Schweiz.»

Die Spieler nehmen immer wieder an landesweiten Turnieren teil. Die Gegner an diesem Sonntagmorgen in Faido TI sind Banker aus Lugano TI. «Die laden uns immer wieder zum Spiel ein», sagt Trainer Mauro Quattrini (49), «weil sie gewinnen.» Seine Mannschaft ist nicht nur fit im Verlieren. Sie ist auch sonst recht speziell.

Verteidigerin Michela Rauch (47), gebürtige Appenzellerin und Herisau-Fan, stand mit 37 zum ersten Mal auf dem Eis. Sohn Matteo (10) und Kollege Enea (8) sind die jüngsten im Team. Opa Enrico (68) fällt aus – Rückenschmerzen. «Wir hatten sogar schon mal einen Kubaner», erzählt Michela, «doch der schlug sich gleich die Stirn auf und kam nicht wieder.» Mannschaftshüne Diego Zuccati (44) kommt zwar auf 130 Kilo, ist aber kein sportliches Schwergewicht. «Bin für die Eigentore zuständig», witzelt der Angestellte. Postbote Christian Portmann (40) liefert den Grappa, meist der Kummertrunk nach dem Spiel. Gott sei Dank gibt es Chris (13). Er spielte in einer richtigen Hockeymannschaft, bevor er zum Fussball wechselte. Auch einen Mannschaftsarzt hat das Team aus Locarno TI – einen Veterinär. «Uns alle verbindet die Liebe zum Hockey und ein dickes Fell», sagt Michela Rauch.Der Mannschaftsname ist Programm: Ciapa ’n’ Puck. Das ist Tessiner Dialekt und heisst: Wir fangen uns die Pucks ein.

Coach Quattrini skizziert auf  einer Tafel die Strategie. «Wir setzen auf Verteidigung», sagt er. Der Auftrag an Hüne Diego: «Du stellst dich dem Gegner in den Weg und schaust ihm fest in die Augen.» Die Kinder kommen ins Mittelfeld. An die trauen sich die Banker nicht heran, so das Kalkül. «Wer nicht gut Schlittschuhlaufen kann, bleibt hinten», befiehlt Quattrini.

Das Spiel beginnt, am Tor wirds voll. Hüne Diego nimmt Torwart David Leoni die Sicht. Doch Chris schlägt zu: zwei Tore in den ersten Minuten. Wow! «Das muss an der Zuschauerbank liegen», sagt Torwart Leoni begeistert. Dort sitzt ein Fan.

Was folgt, ist leider ein Trauerspiel. Die Banker attackieren gnadenlos. Chris, die Kanone, wird gefoult, was das Zeug hält. Torwart David rutscht nur noch auf den Knien, stemmt sich gegen hagelnde Pucks. Verteidigerin und Ehefrau Michela versucht, die Angriffe mit Geschrei abzuwehren. Erfolglos. Der Sonntag endet mit einer Niederlage. Einer mehr in der Manschaftshistorie. 2:10. «Hauptsache, man ist dabei und hat Spass», sagt Verteidiger Ivan Leoni (45), «die Kinder lernen zu verlieren.»

Auch wenn Ciapa ’n’ Puck die schlechteste Mannschaft der Schweiz ist, so ist sie sicher mit die sympathischste. Und hart im Nehmen. «Wir wollen weiterspielen», sagt Michela selbstbewusst. «Wir suchen Mannschaften, die gegen uns antreten. Auch international.» Wer im Hockey mal wieder gewinnen wolle, soll sich auf der Facebook-Site von Ciapa ’n’ Puck melden.

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