Der WWF liess die Beschwerdefrist von dreissig Tagen gegen die behördliche Abschussbewilligung des Wolfs M75 verstreichen, wie der Grossraubtier-Verantwortliche Gabor Bethlenfalvy am Dienstag auf Anfrage erklärte. Über vierzig Schafrisse waren dem unbekannten männlichen Rüden italienischer Abstammung zwischen dem 21. Januar und dem 8. Februar im südlichen Graubünden und in der Tessiner Leventina zugeordnet worden.
Tod beste Lösung
Der WWF ist zum Schluss gekommen, dass es keine andere Wahl gibt, als den Wolf zu töten. Allein die Zahl der Nutztierrisse in Graubünden reiche aus, um einen Abschuss zu verfügen, sagte Bethlenfalvy. Der WWF kritisiert allerdings die Herdenschutzmassnahmen im Kanton Tessin, die noch verbessert werden könnten.
Gemäss eidgenössischer Verordnung können die Raubtiere geschossen werden, wenn sie trotz Herdenschutz erheblichen Schaden an Nutztieren angerichtet haben. Ein solcher Schadenfall liegt vor, wenn mindestens 25 Nutztiere innerhalb eines Monats getötet wurden.
113 Zentimeter hohe Stalltüre übersprungen
M75 ist nicht nur der vielen Risse wegen auffällig geworden. Auch seine Vorgehensweise erstaunt. In Trun im Bündner Oberland übersprang der Wolf einen 113 Zentimeter hohen unteren Teil einer Tür und drang in einen Stall ein, wie Hannes Jenny, Wildbiologe beim Bündner Amt für Jagd und Fischerei, auf Anfrage sagte.
Glück für den Bauern war, dass das Raubtier lediglich ein Schaf tötete, bevor es das Weite suchte. Möglicherweise wurde es gestört.
Grosses Revier
Der Wolf M75 scheint grössere Strecken zurückzulegen. Er durchstreifte die südliche und südöstliche Schweiz und hinterliess genetische Spuren im Zürcher Weinland, in Laufen-Uhwiesen. Danach zog er im Kanton Thurgau umher. Stets wurden Schafe seine Beute.
Mittlerweile ist M75 offenbar wieder nach Graubünden zurückgekehrt. Die letzten Spuren stammen aus Langwies, im Schanfigg bei Arosa. Die auf sechzig Tage befristete Abschussverfügung der Behörden ist noch zirka einen Monat gültig. (SDA)