Mit zwölf googelte er: «Bin ich ein Junge?»
3:41
Ein Transmann erzählt:Mit zwölf googelte er: «Bin ich ein Junge?»

Transmann Joshi Horvath (25) aus Winterthur ZH erzählt im BLICK, wie er sein wahres Ich fand
Mit zwölf googelte er: «Bin ich ein Junge?»

Joshi Horvath ist ein Mann. Die Welt nimmt ihn aber erst seit einigen Monaten als solchen war. Denn Joshi wurde im Körper einer Frau geboren und befindet sich seit eineinhalb Jahren in einer Geschlechtsanpassung. BLICK erzählt er seine Geschichte.
Publiziert: 29.03.2021 um 06:37 Uhr
|
Aktualisiert: 29.03.2021 um 18:57 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/11
2014 ist Joshi 19 Jahre alt. Damals war es für ihn noch keine Option, öffentlich als Mann zu leben.
Foto: Joshi Horvath
Ramona De Cesaris, Erika Unternährer

Als Sechsjähriger ging Joshi Horvath (25) automatisch in die Jungen-Umkleidekabine. Er wurde zurechtgewiesen – ein Mädchen gehöre da nicht hin. Es dauert bis in die Pubertät, als Joshi realisiert, dass er ein Transmann ist. Er fühlt sich als Mann, wurde jedoch in einem weiblichen Körper geboren.

Im Internet begegnet der damals Zwölfjährige zum ersten Mal dem Begriff Trans, nachdem er in einer Suchmaschine die Frage «Bin ich ein Junge?» eingibt. «Das hat mich beschäftigt, weil ich gemerkt habe, dass vieles an mir nicht stimmt», sagt Horvath.

In bestimmten Situationen war es ihm unwohl, zum Beispiel in der Umkleidekabine: «Als Teenager habe ich immer gehofft, dass ich dort auf kein Mädchen treffe, das sich gerade umzieht», erzählt der Transmann. Es habe sich unanständig angefühlt: «Weil ich fand, dass Jungs da nicht hinschauen dürfen.» Als Kind ist er oft verwirrt, er versteht nicht, warum er anders als andere Buben behandelt wird.

«Ich dachte, es wäre eine Phase»

Er glaubt, es wäre nur eine Phase. Ist es nicht. In der Lehre fühlt sich Horvath unwohl: «Im KV wird ein bestimmter Dresscode erwartet. Ich hatte zwar Kleider an, sogar hohe Schuhe. Ich habe versucht, mich zu finden.» Aber er passt nicht in die Rolle, die ihm von der Gesellschaft zugeschrieben wird.

Mit 23 Jahren nimmt er sein Schicksal an – und in die eigenen Hände. Er ist ein Mann, obwohl er einen Frauenkörper hat. Ein Gefühl wird Tatsache. Vor einem Outing hat Horvath dennoch Angst: «Ich dachte, ich stünde dann alleine da und dass man mich verurteilen würde.»

«Was habe ich falsch gemacht?»

Es kommt der Moment, an dem Horvath es nicht mehr ertragen kann, sich als jemanden auszugeben, der er nicht ist. In einem Facebookpost konfrontiert der Transmann seine Freunde und Familie. Die Reaktionen sind unterschiedlich: «Einige fühlten sich vor den Kopf gestossen, andere fanden es eine starke Leistung. Für meine Eltern war es ein Vertrauensbruch.»

«Das Outing war speziell. Mir gingen tausend Gedanken durch den Kopf, auch die Frage: Was habe ich falsch gemacht?», sagt Horvaths Mutter Jacky B.* (50) zu BLICK. Sie habe lernen müssen, die Sache zu akzeptieren und habe Zeit gebraucht. «Schliesslich hatte ich über zwanzig Jahre lang eine Tochter.»

Falls es Anzeichen für die Transidentität ihres Sohnes gegeben hätte, so habe sie diese nie wahrgenommen: «Ich war als Kind auch mehr mit Jungs unterwegs, habe Aufstände gemacht, wenn ich ein Röckli anziehen musste. Ich hab mir einfach gedacht: Sie ist so wie ich.»

Der nächste Schritt: Die Operation

In seinem Köper fühlt sich Horvath bis heute noch nicht ganz so wohl, wie er sich das wünschen würde. Durch die Hormontherapie hat er Stimmbruch und Bart bekommen. Das machte es besser. Der Transmann will aber einen Schritt weiter gehen und sich einer Geschlechtsanpassungsoperation unterziehen. Dazu meint die Mutter: «Es ist sein Schritt, er muss glücklich werden. Wenn er glücklich ist, bin ich es auch.»

Durch die Operation würde Horvath, der sich zu Männern hingezogen fühlt, unfruchtbar werden. Das belastet ihn nicht: «Eine Familie ist für mich kein Thema», sagt er. Was sich der junge Mann wünscht, ist, in vier oder fünf Jahren an dem Punkt zu sein, «wo ich mich in meinem Körper komplett wohlfühle.» (une)

*Name bekannt


Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen