Tote Edelprostituierte vom Dolder Grand
Hier nimmt ihre Familie Abschied

In einem kleinen Städtchen im Südosten Polens trugen Verwandte und Freunde die Ermordete J. P. zu Grabe. Ihre Familie wusste nichts von ihrer Tätigkeit in der Schweiz.
Publiziert: 06.10.2014 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:23 Uhr
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Verwandte und Freunde tragen die Ermordete zu Grabe.
Foto: Wojtek Laskarzewski
Von Wojtek Laskarzewski und Jessica von Duehren

Auf dem Foto von ihrem Abschlussball strahlt J. P.* († 25). Die junge Polin hat gerade die Schule zu Ende gebracht. Die Zukunft liegt vor ihr. Jetzt, acht Jahre später, bleibt nur die Vergangenheit. Am Sonntagnachmittag müssen ihre Eltern sie begraben.

In einem kleinen Städtchen im Südosten Polens. Vier Männer tragen den Sarg der jungen Frau aus der Kirche. Weisse Blumen schmücken ihn. Die Mutter kann ihre Tränen nicht zurückhalten. Auf dem Weg zum Friedhof muss der Vater sie stützen. Er hat seine tote Tochter vergangene Woche von der Schweiz nach Hause geholt.

Edel-Escort-Girl

Die junge Frau starb 13 Autostunden von ihrer Heimat entfernt. In einem Zimmer des Zürcher Luxushotels Dolder Grand. Die Polin hatte in der Schweiz als Edel-Escort-Girl gearbeitet.

Einer ihrer Stammkunden: Robert S.* (47) aus Küsnacht ZH. Am 15. September checkten die beiden im Dolder ein. J. P. überlebte die Verabredung nicht. Robert S. tötete sie – wahrscheinlich beim Würgesex. Er bewahrte die Leiche der Prosti­tuierten neun Tage in seiner Wohnung auf.

«Ganz normales Mädchen»

J. P. wächst in einer gutbürgerlichen Familie auf. Bekannte beschreiben sie als ruhig und bescheiden, als «ganz normales Mädchen». Sie ist ehrgeizig, bringt gute Noten nach Hause. Und jeden Sonntag geht sie mit ihrer Familie in die Kirche.

Als Teenager überlebt sie mit viel Glück einen Autounfall mit Freunden. Nach der Matura zieht die junge Frau nach Breslau zu ihrer älteren Schwester. Sie beginnt, Pädagogik und Englisch zu studieren, jobbt nebenbei als Kellnerin.

Später geht J. P. auf Arbeitssuche nach Warschau. Offenbar erfolglos, denn kurz darauf kommt sie in die Schweiz. Sie wird hier Escort-Girl. Lockte das viele Geld?

Ahnungslose Eltern

Kurz vor ihrem Tod plant J. P. eine Reise nach Breslau. Sie will dort eine Wohnung kaufen, den Flug hat sie gebucht. Sie tritt ihn nicht mehr an. In ihrem Heimatdorf sind die Leute geschockt. Niemand wusste, dass sie in der Schweiz als Prostituierte arbeitete. Auch die Eltern waren ahnungslos. Gestern nahmen sie von der Tochter Abschied. Für immer.

* Namen der Redaktion bekannt

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