Todesboote mit simplem Formular bestellt

WIMMIS – Für Unglücks-Kadi Yves M.* (29) war es null Problem, die Schlauchboote für seine Todesfahrt auf der Kander zu bekommen.
Publiziert: 04.07.2008 um 08:33 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 20:01 Uhr
Von Thomas Ley

Als er die Schlauchboote bestellte, mit denen er und seine Kameraden in der Kander untergingen, benutzte er das korrekte Formular. «Der Kompaniekommandant bestellte die Boote bereits im März 2008», bestätigt Silvia Schenker, Sprecherin der Militärjustiz. «Und zwar per offiziellem Gesuch.»

Gemeint ist das «Gesuch für nicht zugeteilte logistische Leistungen». Die Leistung, die Kadi M. bestellte: M2-Schlauchboote (für 4 Mann) und M6-Schlauchboote (für 15 Mann). Je zwei Stück. Und keiner fragte sich, weshalb der Kommandant der Lufttransport-Sicherungskompanie 3 (LT Si Kp 3) Schlauchboote braucht?

«Der Untersuchungsrichter ermittelt, welche Personen an der Bereitstellung der Boote beteiligt waren», erklärt Sprecherin Schenker. «Und welche Stellen dabei allenfalls Vorschriften verletzt haben. Das könnte unter Umständen auch Vorgesetzte betreffen.»

Zum Beispiel Marcel M.*, Kommandant der Lufttransport-Abteilung 3. Er ist der «vorgesetzte Kommandant», der gemäss Formular das Gesuch hätte einsehen und unterschreiben müssen. Hat er das? Wenn ja – hat er sich nicht gewundert, dass der Lufttransport-Kadi Boot fahren will?

Dabei sind die Weisungen «über Gesuche für nicht zugeteilte logistische Leistungen» streng – jedenfalls auf dem Papier. Artikel 4 fordert, das Gesuche «restriktiv zu handhaben» seien: «Die Truppe muss vor dem Bezug der Leistung (z. B. Fahrzeuge, Systeme) entsprechend ausgebildet sein.»

Dumm nur, dass die Militärjustiz etwas anderes feststellt: «Für den Bezug eines Schlauchbootes braucht es keinen Schiffsführerausweis», so Sprecherin Schenker.

Yves M. sagt zwar, er habe eine entsprechende Ausbildung. Der Untersuchungsrichter bestätigt das aber noch nicht. Sicher ist: Der Kadi plante, ganz offiziell mindestens zwei Wasser-Übungen: «Contentio», die erste, fand am Mittwoch, 28. Mai, im Kadervorkurs statt – zwei Wochen vor der Todesfahrt. Inhalt: eine Schlauchbootfahrt am Alpnachersee-Ufer.

«Tonus», die zweite, stieg am Wochenende nach «Contentio». Programm: Die Teilnehmer lassen sich mit kleinen M2-Booten von einer Brücke im Kanderdelta abseilen – und fahren dort herum.
Dafür also die Boote. Offiziell bestellt und beglaubigt. «Nicht begründete Gesuche werden zurückgewiesen», sagt das Formular.

Was Lufttransport-Kadi Yves M. wohl als Begründung angab? Offenbar nichts Überzeugendes. Denn kurz nach der Todesfahrt verbot Roland Nef sämtliche Übungen «ohne Bezug zum Auftrag» eines Verbandes: Er wolle keine «Rambos» bei der Armee.

*Namen der Redaktion bekannt

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