Justins Mutter ist untröstlich. Der Bootsausflug kostete ihren Sohn das Leben. Und wohl auch seinen Vater. Astrid K.* (34) durchlebt jetzt eine sehr schwere Zeit. Die junge Mutter sitzt am Küchentisch ihrer Wohnung in Wauwil LU. Ihre Kinder bedeuten ihr alles. Überall hängen Fotos von Justin (†4) und seiner Schwester Cheyenne (6).
In Justins Kinderzimmer sieht es so aus, als würde der Junge jeden Moment hereingestürmt kommen. «Er hat so gern getobt und gespielt. Er war halt ein richtiger Lausbub» sagt Astrid K. traurig. «Am liebsten hat er draussen getschuttet.» Im Kinderzimmer hängt ein grosses Foto von Justin mit einem Fussball unter dem Arm. Und ein Schal vom Lieblingsverein des Vaters, dem FC Liverpool, ist über seinem Bett angebracht.
Am Freitagnachmittag passierte das Unfassbare: Justins Vater Roger D.* (41) hat den Bub wie schon so oft auf einen Motorboot-Ausflug auf dem Vierwaldstättersee mitgenommen. Kurz vor Weggis LU fällt Justin über Bord (BLICK berichtete).
Justin trägt keine Schwimmweste. Der Vater springt hinterher ins vier Grad kalte Wasser. Will seinen Buben retten. Davor nimmt der Pub-Wirt aus Sarnen OW noch den Gashebel zurück, kuppelt aber nicht aus. Das Motorboot tuckert von der Unfallstelle weg – ausser Reichweite für den verzweifelten Roger D.
Passanten am Ufer von Weggis hören seine Hilferufe und schlagen Alarm. Plötzlich verschwinden Vater und Sohn in den Fluten. Der Vierjährige wird 45 Minuten nach dem Unfall geborgen und reanimiert. Doch sein Gehirn war zu lange ohne Sauerstoff. Am Samstagabend um 18.15 Uhr stirbt Justin im Zürcher Unispital.
Die Mutter war bis zur letzten Sekunde bei ihrem Söhnchen. «Plötzlich bekam er einen Krampfanfall. Da wusste ich, mein Bub hat den Kampf verloren», schluchzt Astrid K.
Mit Roger D., dem Vater ihrer Kinder, lebt Astrid K. zwar schon lange nicht mehr zusammen – aber um Justin und Cheyenne haben sie sich trotzdem gemeinsam gekümmert. «Roger und ich hatten es sehr gut miteinander. Er durfte seine Kinder sehen, wann immer er wollte», sagt sie. «Und wenn Roger nicht vorbeikommen konnte, dann haben sie telefoniert. In den letzten Monaten hat Justin täglich mit seinem Papa gesprochen, so eng war die Beziehung.»
Astrid K. vermisst ihren Buben schrecklich. «Ich habe alles für Justin gemacht, er hat auch ganz oft noch neben mir im Bett geschlafen», erzählt sie stockend. Und fügt leise hinzu: «Wir waren eine so glückliche Familie. Jetzt gibt es nur noch Cheyenne und mich.»
In ihrer Trauer ist die junge Mutter nicht allein. Ihre Familie steht ihr bei. «Wir sind alle schockiert und unglaublich traurig. Aber wir halten alle ganz fest zusammen», sagt ihr Bruder Reto K.*(30). Trotz allem Leid meint Astrid K.: «Roger mache ich keinen Vorwurf, es war ein Unfall. Eine höhere Macht.»
Warum Justin jedoch an diesem Freitag keine Schwimmweste trug, ist allen ein Rätsel.
Vergangenen Sommer habe die Familie öfters Bootsausflüge auf dem Vierwaldstättersee gemacht, und Justin habe immer Schwimmflügeli getragen.
Zusammen mit ihrer Familie hat Astrid K. am Ufer von Weggis eine Gedenkstelle für den kleinen Justin und Roger errichtet, Blumen und Kerzen aufgestellt. «Wir haben auch die Wasseroberfläche nach Rogers Körper abgesucht. Aber nichts gesehen», sagt sie traurig. Noch gibt Astrid K. nicht auf. «Irgendwie habe ich die Hoffnung, dass er noch lebt und sich irgendwo im Schock versteckt hält.»
* Namen der Redaktion bekannt
«Dabei wird die Kamera an einer Kette bis zum Seegrund hinuntergelassen und alles systematisch und Zentimeter für Zentimeter abgesucht», erklärt Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Kantonspolizei. Gestern sei ein Rechteck von 200 mal 100 Meter abgecheckt worden. Bislang ohne Erfolg.
«Dabei wird die Kamera an einer Kette bis zum Seegrund hinuntergelassen und alles systematisch und Zentimeter für Zentimeter abgesucht», erklärt Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Kantonspolizei. Gestern sei ein Rechteck von 200 mal 100 Meter abgecheckt worden. Bislang ohne Erfolg.