«Als Geisel können sie dir alles antun, aber deine Gedanken können sie dir nicht rauben», sagt Fachpsychologe Thomas Spielmann (63) zu Blick.ch. Und ein Gedanke der immer mitspiele sei: «Wie kann ich die Geiselnehmer killen?» Spielmann weiss, wovon er spricht. 1978 hatte er selbst eine Geiselnahme erlebt.
Am gleichen Ort wo Lorenzo V. letzte Woche die unglaubliche Flucht gelungen ist. Auf den Philippinen. Nach fast drei Jahren in den Fängen von Extremisten entriss der St. Galler laut lokalen Medienberichten seinem Aufpasser die Machete. Er tötete ihn damit und flüchtete.
«Eine Waffe war auf meinen Kopf gerichtet»
Psychologe Spielmann hat niemanden getötet, aber wie sich Lorenzo V. bei der Geiselnahme gefühlt haben muss, kann er erahnen: «Ich war gerade mit meiner Frau in der Bank, als eine maoistische Splittergruppe das Gebäude stürmte.» Die Terroristen hätten mehrere Leute überfallen. «Leider habe ich es zu spät bemerkt», sagt Spielmann zu Blick.ch.
Mehrere Stunden lag er bäuchlings auf dem Boden, die Hände im Genick. «Eine Waffe war auf meinen Kopf gerichtet.» Spielmann hatte Todesangt. «In einer ersten Phase erfuhr ich eine gewaltige körperliche Qual. Jede Nervenfaser schmerzte. Ich fühlte mich wie im Nebel, hatte nur noch Schmerzen, nahm nichts anderes mehr wahr.»
Nach einigen Minuten gewann er seine Sinnesorgane zurück. «Ich begann mich wieder zu orientieren, konnte meine Eindrücke wieder bewusst steuern. Ich habe mir die Extremisten angesehen, mir gemerkt, was für Schuhe sie tragen. Ich wusste wieder wo ich war.»
«Es ist kein Leben in Dauerangst»
Wie lange die Tortur dauerte, kann Spielmann nur erahnen. «Es müssen ungefähr sieben Stunden gewesen sein. Aber als Geisel verlieren Sie das Zeitgefühl.»
Die Terroristen wollten Spielmann und seine Frau mitnehmen, aber er wehrte sich unter Einsatz seines Lebens. «Wir bleiben hier, sie können uns erschiessen, aber wir bleiben hier», habe er gesagt. «Ich merkte, ich hatte nur noch mein Leben – und das musste ich einsetzen.»
Lorenzo V. muss es ähnlich gegangen sein. «Das Leben in Geiselhaft ist kein Leben in Dauerangst», sagt Spielmann. Das Machtgefüge verändert sich mit der Zeit.
Das Töten im Kopf durchgespielt
Als Vogelkundler hatte Lorenzo V. gewisse Vorteile: «Er war ein guter Beobachter. Da bin ich sicher. Auch wenn sie mit ihm den Standort wechselten, konnte er sich schnell einen neuen Überblick verschaffen», so Spielmann. «Lorenzo V. hat in der Zeit der Geiselnahme das Töten gelernt. Er hat es immer wieder im Kopf durchgespielt und sich fest vorgenommen, es zu tun.»
Schuldgefühle werde er deswegen kaum haben. «Er hat sich selber befreit, das ist positiv. Damit ist er nicht mehr das Opfer.» Ein Täter sei er deshalb aber auch nicht: «Wer in Notwehr jemanden umbringt, ist kein Mörder.»
Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.
So gehts:
- App holen: App-Store oder im Google Play Store
-
Push aktivieren – keine Show verpassen
-
Jetzt downloaden und loslegen!
-
Live mitquizzen und gewinnen
Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.
So gehts:
- App holen: App-Store oder im Google Play Store
-
Push aktivieren – keine Show verpassen
-
Jetzt downloaden und loslegen!
-
Live mitquizzen und gewinnen