Ein Thailänder führt das Berggasthaus Biel
2:21
Seit 10 Jahren auf der Alp:Ein Thailänder führt das Berggasthaus Biel

Thailänder Yves Sawangarom (47) kocht in Uri auf 1634 Metern Höhe
Er bringt die Würze auf die Alp

Der Thailänder Yves Sawangarom (47) ist der einzige Ausländer auf der Urner Alp Biel. Zusammen mit seinem Partner Peter Attenhofer (60) betreibt er ein Berggasthaus auf 1634 Meter Höhe. Hier kocht er Curry für die Einheimischen.
Publiziert: 01.08.2019 um 20:45 Uhr
|
Aktualisiert: 02.08.2019 um 12:05 Uhr
1/13
Der Thailänder Yves Sawangarom (47) ist der einzige Ausländer auf der Urner Alp Biel (1634 m ü. M.).
Foto: Philippe Rossier
Anian Heierli (Text) und Philippe Rossier (Fotos)

Schroffe Felsen, steile Hänge und genügsame Bergler. Die Alp Biel im Urner Schächental ist der Inbegriff von Innerschweizer Tradition. Hier oben auf 1634 Meter Höhe kennt man Ausländer nur als Touristen. Bis auf einen: Thailänder Yves Sawangarom (47) lebt auf der Alp und steht offen zu seiner Homosexualität. Die Kombination scheint exotisch, doch sie funktioniert.

Gemeinsam mit seinem Partner Peter Attenhofer (60) führt er seit zehn Jahren erfolgreich das Berggasthaus Biel. Ihr Betrieb läuft. Einheimische, Wanderer und Skifahrer kehren im Sommer oder Winter im gemütlichen Urner «Stübli» ein. «Ich erinnere mich noch gut an den 1. Mai 2009, als wir eröffneten», sagt Sawangarom. An diesem Tag waren alle Plätze im Lokal besetzt. Der Thailänder schmunzelt und erklärt: «Jeder wollte sehen, was für zwei hier hochkommen.»

«Sie waren überrascht, dass ich Deutsch kann»

Damals schauten die Einheimischen den Thai mit grossen Augen an. Als er dann von Tisch zu Tisch ging und alle in perfektem Schweizerdeutsch begrüsste, wurden ihre Augen noch grösser. «Sie waren überrascht und sagten, ah du sprichst Dialekt», erinnert er sich. Zum Glück habe sein Mundart die Hemmschwelle sofort genommen. Einige der ersten Besucher sind heute Stammgäste.

Sawangarom ist in Bangkok geboren. Als Jugendlicher zügelte er nach Luzern. Erfolgreich absolvierte er die Schule und eine KV-Lehre. Er arbeitete in Zürich im Detailhandel und führte in Zug ein thailändisches Restaurant. Der Thai beantragte erfolgreich den Schweizer Pass. «Ich bin zum Teil hier aufgewachsen, deshalb ist mir der Pass wichtig», sagt er. Doch das hektische Stadtleben wurden ihm und seinem Partner zu viel. Darum kauften sie das Berggasthaus Biel.

Eine Entscheidung, die sie nicht bereuen. «Wir sind längst angekommen. Es gefällt uns», sagt Attenhofer. Dumme Sprüche wegen ihrer gleichgeschlechtlichen Beziehung gebe es nicht. Im Gegenteil: Das Paar wird praktisch nie darauf angesprochen. Ihr Fazit: «Die Urner sind toleranter, als man vielleicht denkt.»

41 Personen leben auf der Alp Biel

Die Urner Alp Biel ist ein Weiler der Gemeinde Bürglen. Die Einheimischen nennen die Siedlung auf 1634 Meter Höhe nur «das Biel». Es ist eine Abwandlung des alten Flurnamens Büel. Der Flurname «Unter Büel» erscheint erstmals im Urbar der Pfarrkirche Bürglen im Jahr 1711. Aktuell wohnen 41 Personen das ganze Jahr über auf der Alp. Der Ausländeranteil liegt bei 0 Prozent, da Yves Sawangarom den Schweizer Pass besitzt. Der Gemeinderat von Bürglen umfasst 7 Mitglieder (2x SVP, 2x CVP, 2x FDP, 1x SP). Der Gemeinderat wird an der Urne gewählt.

Die Urner Alp Biel ist ein Weiler der Gemeinde Bürglen. Die Einheimischen nennen die Siedlung auf 1634 Meter Höhe nur «das Biel». Es ist eine Abwandlung des alten Flurnamens Büel. Der Flurname «Unter Büel» erscheint erstmals im Urbar der Pfarrkirche Bürglen im Jahr 1711. Aktuell wohnen 41 Personen das ganze Jahr über auf der Alp. Der Ausländeranteil liegt bei 0 Prozent, da Yves Sawangarom den Schweizer Pass besitzt. Der Gemeinderat von Bürglen umfasst 7 Mitglieder (2x SVP, 2x CVP, 2x FDP, 1x SP). Der Gemeinderat wird an der Urne gewählt.

Sawangarom schätzt vor allem die direkte Art: «Wenn den Urnern etwas nicht passt, sagen sie es einem in Gesicht. Sie haben aber auch den Mut, sich zu entschuldigen», erklärt er und fügt an: «Hier auf der Alp schauen wir zueinander.» So verteilt der Landwirt seine Gülle zum Beispiel erst, wenn die Restaurant-Gäste auf der Terrasse mit dem Essen fertig sind.

Wie die Einheimischen ist auch der Thailänder keiner, der sich verbiegt. Bei der Arbeit trägt er lieber sein modisches Jeansjäckli anstelle eines Edelweisshemds. Er stellt klar: «Authentizität ist mir wichtig.» Daher vermischen sich im urchigen Berggasthaus auch zwei Kulturen. Typisch Thai sind etwa die winkenden Glückskatzen auf dem Tresen und das Buddhabild an der Wand. Gleich daneben steht dafür ein «Handörgeli».

Männer stehen auf Schnitzel, Frauen auf Curry

Der kulturelle Mix gilt auch für die Menükarte. Es gibt bürgerliche Gerichte oder rotes und grünes Thai-Curry nach dem Familienrezept aus Bangkok. «In der Küche bin ich der Chef», so Sawangarom. Vor zehn Jahren dachte er, Thai-Küche auf einer Alp würde wohl nicht so gut laufen. Doch heute ist jedes zweite Gericht, das bestellt wird, asiatisch. Seine Erfahrung: «Männer nehmen lieber das bewährte Schnitzel. Frauen probieren dagegen mein Curry.» Für ihn ist beides gut. «Ich verwöhne gerne Leute.»

Das Wirten auf der Alp ist anstrengend. In der Saison sind die Tage lang, und alle Lebensmittel müssen extra mit der Seilbahn hochgefahren werden. Trotzdem denken Sawangarom und sein Partner Attenhofer nicht ans Aufhören. Darüber freuen sich die Einheimischen.

Beat Gisler (46) kümmert sich als Betriebsleiter um die Seilbahn Biel-Kinzig. Er sagt: «Wir sind froh, dass Yves und Peter das Restaurant führen. Die machen das schon gut.» Er esse gerne bei ihnen seinen Zmittag. Am liebsten hat er den Hamburger. Thailändisch hat Gisler noch nicht probiert. «Das ist nicht mein Ding.»

Unter Schweizern

Über zwei Millionen Ausländer leben in der Schweiz, viele in den Städten und Agglomerationen. Daneben gibt es Dörfer, die ihre Ausländer an einer Hand abzählen können, wo diese fast noch exotisch sind. BLICK besucht rund um den 1. August solche Orte und schaut, wie das Zusammenleben ist.

Über zwei Millionen Ausländer leben in der Schweiz, viele in den Städten und Agglomerationen. Daneben gibt es Dörfer, die ihre Ausländer an einer Hand abzählen können, wo diese fast noch exotisch sind. BLICK besucht rund um den 1. August solche Orte und schaut, wie das Zusammenleben ist.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?