Mischa ging durch eine Hölle mit himmlischen Namen: Jupiter, Venus, Neptun. So heissen die Strandbäder an der rumänischen Schwarzmeerküste. Dort soll es nach dem Willen der Gemeinden zwischen Constanta und Mangalia sauber sein. Strassenhunde wie Mischa (4) haben da keinen Platz.
Die Drecksarbeit übernehmen Recycling- und Müllentsorgungsunternehmen. In deren Auftrag hetzen vier sogenannte Tierheime täglich Killer-Kommandos auf streunende Hunde.
Für die Tierschutzorganisation Save the Dogs reisst Claudia De Palma (47) aus Gudo TI in diese Ferienparadiese und rettet so viele Hunde, wie sie kann.
Ein lukratives Geschäft
Die Massentötungen sind für die Recycler und Müllentsorger ein Riesengeschäft. «Für jedes gefangene Tier zahlen die Gemeinden 60 Euro Kopfgeld», sagt De Palma. «Allein im Touristengebiet töten sie jährlich bis zu 6000 Hunde.» Mit dem Segen des Staates. «Ein Gesetz schreibt vor, dass jeder eingefangene Hund nach zwei Wochen einzuschläfern ist, wenn sich kein neuer Besitzer findet», sagt De Palma.
90 Prozent bleiben herrenlos. «Dann», sagt die Tierschützerin, «wird eiskalt vorgegangen. Manchmal sogar mit Benzin.»
Claudia De Palma hat ihren Schützling Mischa in eine Decke gehüllt. Sie kommt gerade aus einem Tierheim nahe Mangalia. «Er war eingepfercht mit lauter Rüden in einem verdreckten Käfig.» Aus Stress beissen die Grossen die Kleinen. Und Mischa war der Allerkleinste. Eine grosse Bisswunde klafft an seinem Hinterlauf.
Sterilisationen sind für viele zu teuer
Claudia De Palma bringt den Mischling zu Sara Turetta (43). Die Mailänderin hat in Cernavoda das grösste und modernste Tierheim Südrumäniens geschaffen. Es ist eine Oase für Tiere in Not. Auch Katzen, Esel und Pferde finden hier Obdach. Mischa wird so gut wie möglich aufgepäppelt, bevor er in die Schweiz kommt.
«Zurzeit versorgen wir hier 600 Hunde», sagt Sara Turetta und rechnet vor: Rumänien habe die höchste Anzahl Hundebesitzer in ganz Europa. «Wegen der hohen Kriminalität hält man sich Wachhunde. Da die Sterilisation für viele zu teuer ist, gibt es immer wieder Welpen – und die werden kurzerhand ausgesetzt.» Immerhin: Es gibt Freiwillige, die durchs Land reisen und kostenlos Hunde sterilisieren, wie Sara es mit ihrem «Save the Dogs»-Team tut. Aber es sind zu wenige. Vor neun Jahren schloss sich Claudia De Palma der italienischen Tierschutzorganisation an: «Seitdem lässt mich das Schicksal der Hunde hier nicht mehr los.»
Mittlerweile reist sie mehrmals pro Jahr nach Rumänien und rettet Streuner aus der Hölle. Sie kommen zunächst in ihren Garten in der Magadino-Ebene. Dann sucht De Palma Familien für ihre rumänischen Schützlinge. «500 Hunde habe ich schon untergebracht», sagt sie stolz. Jetzt fehlt nur ein gutes Plätzchen für den kleinen Mischa.