Bis zu 10'000 Tagesausflügler drängen sich täglich ins das berühmteste Tal des Tessins. Am Samstag vor einer Woche wurden 4000 Autos gezählt. Der Rest der Touristen quetscht sich in gelbe Postautos. Die Zahl der Busse wird zuweilen von zwei auf sieben pro Fahrt aufgestockt. Massen schieben sich über die Römerbrücke, säumen den smaragdgrünen Fluss, verstopfen die Talstrasse. Die Folgen: wildes Parkieren, unkontrolliertes Campieren und sogar ungefragte Besuche in fremden Küchen (BLICK berichtete). Kurz: der totale Touri-GAU!
Doch während Anwohner stöhnen, reiben sich die Gemeinden die Hände. «Es ist doch toll, dass die Leute uns besuchen», findet Fabio Badasci und holt aus: «Von mir aus könnten noch viel mehr kommen.» Der Tessiner ist Präsident des Verbandes der Verzascatal-Gemeinden (Associazione Comuni Valle Verzasca). «Auch wenn die Ausflügler nicht im Tal logieren, so tun sie es doch in der Region», sagt der Gemeinden-Chef und nennt Beispiele: «So auf den Campingplätzen von Tenero und auch in den Hotels der Umgebung.» Man sollte doch froh sein, dass die Touristen anreisen, schliesslich hätten gerade die Hotels unter dem Corona-Lockdown gelitten.
Angebot dem Massentourismus anpassen
Für das Gejammer im Tal hat Badasci kein Verständnis. Er fordert: «Man sollte vielmehr das Angebot an die Touristen anpassen.» Ähnlich sieht es auch Roberto Bacciarini (56), Gemeindepräsident von Lavertezzo. Auch er freut sich über den Andrang. Denn: Tourismus belebe das Tal. «Über 70 Prozent der Gäste, die heute kommen, sind aus der Schweiz. Sie sind doch immer willkommen!»
Ja, die vielen Autos seien ein Problem für das enge Tal. Das sehen beide so, Badasci wie auch Bacciarini. «Wir haben 40'000 Franken in die Securitas investiert. Sie soll den Verkehr regeln», sagt der Gemeindepräsident. Und Verbandspräsident Badasci kündigt neue Services an: «Wir werden zwei grosse Leuchttafeln schon in der Magadino-Ebene setzen. Sie zeigen an, wo es im Verzascatal noch freie Parkplätze hat.» Ausserdem sollen bis 2021 weitere 200 bis 300 neue Parkplätze geschaffen werden.
Brücken und Strassen sollen verbreitert werden
Das nächste Ziel, welches von den Gemeinden angepeilt wird, sind die Nadelöhre im Tal. Die Brücke vor Lavertezzo soll verbreitert werden, ebenso einige Strassenabschnitte vor Brione (Verzasca).
Kein Thema seien hingegen der Bau eines Autosilos, Eintrittskarten fürs Tal und die Römerbrücke – oder gar ein Park & Ride von der Ebene ins Tal. Der Gemeinden-Chef hat keine Angst vor den Massen: «Ich denke, alles wird sich selbst regulieren. Wem es zu voll wird, der geht auch wieder.» Er wirbt gar um weitere Gäste: «Unser Tal ist wunderschön. Kommt alle und schaut es euch an!»