Die Toilette ist für Francesco Rossi (40) der gefährlichste Ort im Haus. Der Tessiner hat einen Baustein auf den WC-Deckel gelegt. Mehrmals am Tag kippt er kochendes Wasser in die Schüssel. «Das hat die Schlange nicht gern.» Er weiss: «Auch die anderen im Appartementblock haben Angst und beschweren ihre Klodeckel.»
Grund für die Panik: Im dritten Stock des Wohnblocks in Bellinzona wohnt Michela D.* (40) mit zwei Pythons. Als sie zwei Wochen in den Ferien war, fütterten Freunde die Würgeschlangen. Als Michela D. heimkam, war das Terrarium abgedeckt und die WC-Tür stand offen. Das Weibchen kroch im Wohnzimmer herum. Pythonmännchen Sahib (20) aber war weg. Die Besitzerin will sich nicht dazu äussern.
«Wir haben Angst um unseren kleinen Sohn»
Vermutlich floh der Python durch das Klo. Mit 1,20 Metern Länge und sechs Zentimetern Dicke passt er durchs Abflussrohr. Schon 2001 entkam Sahib so in Lugano. Und tauchte gleich nebenan bei einer Nachbarin wieder auf – in der WC-Schüssel. «Wir hatten die Schüssel abmontiert und die Schlange aus dem Rohr gefischt», erinnert sich Emanuele Besomi (43), Präsident des Tierschutzvereins Spab.
Eine gruselige Geschichte, findet Francesco Rossi. «Wir haben Angst, dass unser Sohn (8) von der Schlange gewürgt werden könnte, und schlafen nachts kaum noch.»
In der Kanalisation ist es warm und es hat Mäuse
Nachbarin Natasha Banfi (42) ist da gelassener, obwohl ihr Töchterchen Veronica erst fünf Jahre alt ist: «Der Python ist nicht gefährlich. Doch wenn ich das Haus verlasse, schliesse ich die Fenster.»
Matteo Squicciarini (8) bleibt ebenfalls cool, hat aber Respekt. «So gross ist die Schlange», sagt der Drittklässler und breitet die Arme aus.
«Wenn jemand den Python sieht, soll er sich sofort bei Spab melden», mahnt Tierschützer Besomi. Dass sich Sahib noch im Haus befinde, sei jedoch unwahrscheinlich. Der Abwasserdienst habe alle Rohre im Haus geprüft.
Nun befürchtet man in Bellinzona, dass Sahib jetzt durch die städtische Kanalisation zieht. «Dort ist es warm und hat Mäuse. Da kann er noch Jahre leben», sagt Besomi – und irgendwann irgendwo durch ein WC wieder auftauchen.
* Name der Redaktion bekannt