Tessiner Beamte sehen rot wegen lila Häuschen
«Ich wollte mit der Farbe allen eine Freude machen»

Weil niemand in Biasca TI gegen den geplante Anstrich rekurrierte, liess Besitzer Pietro Brentini (75) sein Elternhaus streichen. Zu bunt fürs kantonale Bauamt.
Publiziert: 15.03.2017 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:42 Uhr
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Pietro Brentini (75) hat sein Haus lila gestrichen. Dem Kanton passt die Farbe ganz und gar nicht.
Foto: Yvonne Leonardi
Myrte Müller

Seit 100 Jahren steht es in der Via Officina, direkt an den Gleisen von Biasca TI. Der Zahn der Zeit nagte an den mittlerweile grauen Fassaden. «Ich wollte das Haus meiner Eltern neu streichen und damit allen eine Freude machen», sagt Pietro Brentini (75). Nur die Farbe, die der pensionierte Dorfarzt wählte, spaltet die Tessiner: schrilles Lila.

Während Gemeinde und SBB die Farbwahl tolerieren, sieht das kantonale Bauamt rot. «Lila passt nicht ins Landschaftsbild», so eine Gutachterin aus Bellinzona. 

«Die Farbe hat mich angelacht»

Das bunte Treiben beginnt im Juni 2016. «Ich ging zu einem Malergeschäft, wollte mich beraten lassen», erzählt Pietro Brentini, «eigentlich sollte das Haus ockerfarben werden. Doch dann sah ich im Farbenkatalog diesen Lila-Ton. Er hat mich angelacht.»

Pietro Brentini will nichts falsch machen. Er wendet sich mit seinem mutigen Entschluss an die Gemeinde. Diese verweist auf die SBB. Beide geben grünes Licht für das lila Haus. Brentinis Projekt ist im September im Amtsblatt ausgeschrieben. Als bis Oktober niemand Einsprache erhebt, lässt der ehemalige Arzt zu Farbe und Pinsel greifen.

Doch kaum leuchtet das Bähnlerhüsli lila, melden sich die Behörden des Kantons. «Sie sagten, das Haus stehe im Zonenplan ausserhalb des Baugebiets», erzählt Pietro Brentini, «ein Anstrich brauche eine kantonale Baugenehmigung. Die habe ich dann auch eingereicht.» Vergebens. 

Hunderte Facebook-Freunde finden das Lila schön

«Die Baugenehmigung wurde abgelehnt, obwohl mein Häuschen schon gestrichen war», schimpft Pietro Brentini, «angeblich, weil die Farbe störe. Was für ein Unsinn!» Der Tessiner zeigt auf seine Nachbarschaft. Links ein giftgrünes Haus, rechts alte Baracken der SBB, flankiert von Müllcontainern, vor der Nase die Bahngleise.

Finger weg vom lilaHaus, heisst es derweilen auf Facebook. Der Streit ist auch im Netz ein Thema. Auf einer Unterstützerseite finden bereits Hunderte Brentinis Bähnlerhüsli schön – und stellen Fotos von Häusern online, die sie für einen Schandfleck halten.

Der Kanton hat der Gemeinde nahegelegt, Pietro Brentini einen Vorschlag zu machen. «Das nächste Mal soll ich eine dezentere Farbe wählen», sagt der Farbfan. «Doch bevor ich an die Fassaden noch einmal Hand anlege, streiche ich meinen Sarg. Und zwar lila.»

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