Sind die Tessiner Behörden blind?
Mafia-Boss kassierte Sozialhilfe

Er zählte zu den zehn gefährlichsten Verbrechern in Italien. Er wusch Mafia-Milliarden über Schweizer Konten, stand deswegen 2009 in Bellinzona vor dem Bundesstrafgericht.
Publiziert: 06.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:29 Uhr
Michele Antonio V. (63): Der Schmuggler-König ein armer Schlucker?
Foto: Keystone
Von Myrte Müller

Auch wenn der Mafioso Michele Antonio V.* (63) damals freigesprochen wurde, im Tessin und in Italien gilt der Kalabrier als berüchtigter Schmugglerkönig. Dennoch erhielt er von 2010 bis heute Sozialhilfe und AHV. Insgesamt 90 000 Franken.

Renato Scheurer von der zuständigen Sozialbehörde erklärte dem Südschweizer TV- und Radiosender RSI: «V. lebte unter dem Existenzminimum. Er hatte die nötigen Papiere vorgelegt.» Was das Amt nicht interessiert: In Italien wird nach dem Mafioso weiterhin wegen Zigarettenschmuggels und anderer Delikte gefahndet. Der Wahlschweizer soll die Geschäfte von seiner Sozialwohnung in Gandria TI am Luganersee aus geleitet haben.

2013 wird V. von einem Westschweizer Gericht zu 17 Monaten bedingter Haft wegen Marihuanahandels verurteilt, seine Aufenthaltsgenehmigung wird nicht verlängert. Er rekurriert und erhält weiter Sozialhilfe. Nichts bremst die Tessiner Barmherzigkeit.

Vorige Woche tauchen im Hafen von Genua (I) wieder Container voller Zigaretten auf. Italien will V. erneut verhaften. Der Mafioso verzichtet auf Schweizer Schutz und stellt sich am Dienstag der Polizei in Genua – ganz freiwillig.

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