Sie hatten gerade eine neue Heimat gefunden. Im August 2018 zogen die Ponys, Halbponys und Pferde von Vincenzo Caligiuri (28) und Fabiana Pieroni (30) ins Horse Club & Pony House von Carabbia TI . «Das Gelände ist gross und einfach perfekt», sagt der Leiter des neuen Reitstalls bei Lugano TI, «mitten im Wald und dennoch nah an der Stadt.»
Das tierische Paradies wird nach nur ein paar Monaten am 21. Dezember zur Pferde-Hölle. «Es war am frühen Morgen», erinnert sich Pferdepfleger Gabriele Lipari (19), «ich sah, wie vier Kids mit Steinen und Eisbrocken nach den Pferden warfen.» Damit nicht genug: Die Jugendlichen öffneten auch das Tor. Die Tiere rannten in Panik aus dem Gehege auf die Strasse. «Ich bin gleich hinterher, doch die Kids waren schneller. Ich konnte keinen erwischen», sagt Gabriele Lipari.
Die Tierquäler schlagen immer wieder zu
Gleich nach Weihnachten geht der Terror weiter. «Ich kam morgens zum Stall. Da sah ich, dass das Tor aus den Angeln gehoben war. Von den Pferden fehlte jede Spur», sagt Vincenzo Caligiuri. «Ich habe sie an der Kantonsstrasse entdeckt und heimgeführt.»
Eine Woche später ist das Vorhängeschloss aufgebrochen, und das Tor steht wieder sperrangelweit offen. «Wieder waren Pferde aus dem Pferch getrieben worden», sagt Caligiuri. «Es dauerte Stunden, um sie wieder einzufangen.» Vor zwei Tagen rief ein Nachbar an. Er habe in der Nacht Licht gesehen, und der Hund habe angeschlagen. Wieder waren die Störenfriede am Werk. Am Montag bemerkte Gabriele Lipari, dass an einigen Stellen der Zaun geöffnet worden war. «Die Pferde sind extrem verängstigt», sagt Caligiuri. Und auch seine Besitzer.
Pferde in Panik sind gefährlich
«Ich mache mir ernsthafte Sorgen. Denn Pferde in Panik sind gefährlich. Sie rennen auch Menschen um. Und oben an der Strasse hat es Spaziergänger, Senioren und Kinder.»
Zudem sei nicht auszudenken, was wäre, wenn ein flüchtendes Pferd mit einem Auto kollidiere, meint der Reitstall-Leiter. «Wir sind zwar gut versichert, aber das Pferd könnte sterben, oder – und das wäre noch schlimmer – der Autofahrer könnte verunglücken.»
Jetzt wachen Videokameras über den Ponyhof
Die meisten der elf Pferde des Horse Club & Pony House haben in ihrer Vergangenheit bereits Schreckliches erlebt. Pony-Hengst Rock (9) wurde in einem Zirkus misshandelt. Pony-Mädchen Arianna (10) hatten ehemalige Besitzer sämtliche Zähne ausgeschlagen, und Doppel-Pony Camilla (11) rettete Fabiana Pieroni noch rechtzeitig vor dem Schlachter. «Sie waren traumatisiert. Wir brauchten zum Teil Jahre, damit sie wieder Vertrauen zum Menschen bekamen», erzählt die begeisterte Reiterin.
Auch wenn die Polizei ermittelt, Vincenzo Caligiuri und Fabiana Pieroni wollen nicht tatenlos zusehen. Sie posten auf Facebook, wenden sich an das Nachrichten-Portal tio.ch und hoffen auf Hinweise. «Seit gestern haben wir vier Überwachungskameras installiert. Wir erwägen auch, einen Sicherheitsdienst zu engagieren, und wollen selber regelmässig auch abends nach dem Rechten schauen», sagt Caligiuri, «bevor die Bande wieder bei uns einbricht und vielleicht sogar Schlimmeres anrichtet.»