Gnädiges Urteil nach tödlichem Unfall
Geisterfahrer-Grosi (79) brettert betrunken in Italiener (†52)

Weil Gertrud M.* (79) die falsche Auffahrt auf die A13 nahm, musste Benedetto B.* (†52) sterben. Der Richter in Lugano TI verurteilt das Grosi wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten bedingter Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung.
Publiziert: 08.01.2020 um 20:35 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2020 um 10:26 Uhr
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20 Monate nach der verheerenden Geisterfahrt auf der A13 muss sich Rentnerin Gertrud M.* (79) wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Foto: Ti-Press
Myrte Müller

Platinblonder Bob. Die Augen geschminkt. Die Kleidung chic. Die jugendliche Erscheinung täuscht jedoch nicht über das Alter der Angeklagten hinweg. Genau dieses spielt für den Richter jedoch die wichtigste Rolle im Prozess in Lugano TI. Immer wieder fragt er das zierliche Grosi auf der Anklagebank: «Wie kam es zu dem schrecklichen Unfall?» Die Antwort ist ein Kopfschütteln. «Ich weiss es nicht», beteuert Gertrud M.* (79), «ich kann mich nur noch an ein kleines weisses Licht erinnern.»

Was am 25. April 2018 geschah, steht in der Anklageschrift. Gertrud M. aus Losone TI ist gegen 21.30 Uhr auf dem Heimweg. Das Grosi hat getrunken und über 1,6 Promille im Blut. Sie biegt in Tenero TI auf die A13 ein, übersieht die Einbahnstrassenschilder, gerät in den Verkehr der Gegenrichtung (BLICK berichtete). 700 Meter weit geht die Geisterfahrt. Dann kracht es!

Geister-Grosi fuhr auch ohne Licht

Der Toyota RAV der gebürtigen Deutschen kollidiert frontal mit einem Citröen, der sich vorschriftsmässig auf der seiner Spur befindet. Der Fahrer hat keine Chance. Denn Gertrud M. rast nicht nur auf ihn zu, sondern fährt auch ohne Licht. Der Crash ist verheerend.

Verzweifelt kämpfen die Ärzte um das Leben von Benedetto B.* (†52). Drei Tage später erliegt der Italiener aus Verbania (I) seinen schweren Verletzungen. Auch Gertrud M. landet auf der Intensivstation und fällt in ein mehrwöchiges Koma.

Urteil: 18 Monate bedingte Haft

Über 18 Autos sind der Angeklagten auf dieser Geisterfahrt entgegengekommen. «Warum haben Sie das nicht bemerkt? Warum haben Sie nicht die Scheinwerfer und die Warnblinkanlage eingeschaltet?», fragt der Richter weiter. Gertrud M. verspricht, sich nie wieder ans Lenkrad zu setzen. Eine weise Entscheidung, die, so lässt der Richter durchblicken, angesichts ihres Alters besser schon vor dem 25. April 2018 hätte getroffen werden müssen. Sein Urteil: 18 Monate bedingte Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, wegen fahrlässiger Tötung.

* Namen geändert

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