Um 2.30 Uhr erfüllt dumpfes Grollen die Alp Lago im bündnerischen Val Cama. Riesige Felsmassen donnern ins Tal. In der Falllinie eine bewohnte Alphütte. Die vierköpfige Hirtenfamilie wird aus dem Schlaf gerissen und ergreift in Panik die Flucht, rennt in die Dunkelheit.
Die 38-jährige Katya B.* wird direkt neben der Hütte von einem Stein erschlagen. Ihre zweijährige Tochter, die sie im Arm hält, bleibt unverletzt. Ebenso der Ehemann und die vierjährige Tochter.
Alphütte blieb verschont
Tragisch: Wäre die Familie in der Hütte geblieben, wäre ihr nichts passiert. Die Hütte wurde kaum vom Felssturz getroffen.
Glück hatten dafür Teilnehmer eines Ferienlagers neben der Hütte. Die 13 Kinder im Alter zwischen zehn und 13 Jahren sowie vier Personen der Lagerleitung, die in Zelten schliefen, konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Nach Sonnenaufgang wurden alle Personen per Helikopter von der Alp Lago ins Tal geflogen.
In Roveredo im Misox nahmen die Eltern die Kinder unter Tränen in Empfang, wie Tio.ch berichtet.
WWF: «Es geht uns sehr nahe»
Das Lager hatte der WWF organisiert. «Den Kindern ist zum Glück nichts passiert», sagt WWF-Sprecher Fredi Lüthin zu Blick.ch. «Doch das Ereignis geht uns allen sehr nahe. Der WWF führt schon seit Jahren das Lager im Val Cama durch.» Man kenne die Familie sehr gut.
Laut dem «Corriere del Ticino» ist bereits vor einigen Tagen ein Felssturz niedergegangen. Für heute wäre ein Kontrollflug mit einem Geologen geplant gewesen.
Die Kantonspolizei Graubünden konnte dies jedoch nicht bestätigen.
Alp Sperrgebiet
Doch auch laut «Tio.ch» kündigte sich der Felssturz schon früh an. Bereits um Mitternacht seien die ersten Steine ins Tal gestürzt, wie Zeugen berichteten. Sie seien immer grösser geworden, bis schliesslich der ganze Felssturz kam – mit rund 10 000 Kubikmetern.
Experten untersuchen nun den Hang. Es herrscht immer noch Steinschlaggefahr. Die Alp del Lago, die nur zu Fuss oder über den Luftweg erreichbar ist, wurde aus Sicherheitsgründen zum Sperrgebiet erklärt. (sas)