Es brodelt seit geraumer Zeit im Schacht. Jetzt interessiert sich auch die Tessiner Staatsanwaltschaft für die Missstände auf der Baustelle des Basistunnels am Monte Ceneri. Dort wurden, so Berichte von Betroffenen, Arbeiter ausgebeutet. Sie schufteten in Doppelschichten, bis zu 16 Stunden ohne Pause. Bezahlt wurde mies. Zudem fehlten Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz. Wer es wagte zu reklamieren, dem wurde massiv gedroht.
Den Zuschlag zum Bau der Schienen erhielt vor zwei Jahren ein Unternehmen aus Italien, das zur römischen Rossi-Gruppe gehört. Die GCF & Gefer unterbot bei der Ausschreibung Schweizer Mitbewerber. Die Schleuderpreise sollen dann auf dem Buckel der Arbeiter ausgetragen worden sein. 130 Arbeiter hätte das Unternehmen für den Auftrag gebraucht – doch nur rund 100 wurden eingestellt. Jetzt arbeiten noch rund 30 Personen auf der Baustelle.
Einige Bergmänner packen endlich aus
Bei den Vorwürfen gehe es um Wucher, Nötigung, Urkundenfälschung und vielleicht auch noch um Schwerwiegenderes, sagt Gewerkschafter Igor Cima zu BLICK. Ihm haben sich viele der Ausgebeuteten anvertraut. «Da wurden für fast 300 Arbeitsstunden nur 160 bezahlt, und von diesem Lohn sackte der Arbeitgeber weitere 40 Prozent ein», erklärt Cima.
«Die Männer kamen fast alle aus Italien.» Sie seien nach miesen italienischen Standards bezahlt worden – und nicht nach Schweizer Verhältnissen. Die Lohnabrechnungen wurden schlicht gefälscht.» Zu den unbezahlten Überstunden und den Doppelschichten seien die Arbeiter zum Teil gezwungen worden, so Cima weiter.
«Auch fehlte es an Sicherheitsmassnahmen. Da gab es Unfälle und Verletzungen, die nie gemeldet wurden», erzählt der Tessiner Gewerkschafter. «Einmal wurde ein verletzter Arbeiter direkt nach Italien gekarrt, statt ihn in ein Tessiner Spital zu bringen.» Viele Opfer hätten Angst, sich zu wehren. Man habe ihnen damit gedroht, dass sie keinen Job mehr in Italien finden würden.
Auch das italienische Konsortium Condotte-Cossi hat Dreck am Stecken
Es ist nicht das erste obskure italienische Unternehmen, das Schweizer Firmen bei den öffentlichen Ausschreibungen ausbootet und dann Negativ-Schlagzeilen macht. Im Frühjahr 2018 wurde der Präsident des italienischen Bauunternehmens Condotte-Cossi Spa wegen Verdachts auf Bestechung festgenommen.
Die Gesellschaft und ihre Partner hatten einen Milliarden-Auftrag für den Bau des Ceneri-Basistunnels erhalten (BLICK berichtete). Ein Unternehmen, das in Italien sogar mit der 'Ndrangheta in Verbindung gebracht wurde.