Teenager-Mütter: Cristina (20) aus Basel
«Ich wollte die Herzschläge nicht sehen»

Teenager-Mütter erzählen ihre Geschichte im BLICK. Heute Cristina, die mit 17 schwanger wurde. Sie wollte es alleine schaffen. Das hat fast geklappt.
Publiziert: 04.04.2012 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:47 Uhr
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Cristina Alemanno mit ihrem Sohn Gianluca.
Foto: Stefan Bohrer
Von Nadine Chaignat

Drei Wochen hatte Cristina Alemanno (20) aus Basel Zeit, sich zu entscheiden. Ob sie ihr Baby behalten möchte oder nicht. «Ich sagte noch zum Arzt, ich will die Herzschläge nicht sehen», erzählt sie. «Aber da zeigte er schon auf den Bildschirm. Gut, das war entschieden. Ich behalte das Kind.»

Das Kind heisst Gianluca, ist mittlerweile zwei Jahre alt. Ein kleiner Junge mit grossen, dunklen Kulleraugen, schwarzen Locken. Cristina holt ihn gerade in der Krippe ab. Als er sein Mami sieht, beginnt er zu strahlen.

Schwanger wird Cristina von ihrem damaligen Freund. Einem Afrikaner, der in der Schweiz lebt. «Ich nahm die Pille. Wenn ich sie mal vergessen habe, wusste ich schon, dass man drei Tage nicht geschützt ist. Aber man denkt immer, eine von hundert trifft es, ich bin es sowieso nicht.»

Sie hatte keinen Lehrabschluss

Cristina, damals 17, wohnt bei ihrem Vater, macht gerade ein Pflegepraktikum und will eigentlich die Lehre abschliessen. «Das hat mich am Anfang der Schwangerschaft sehr belastet, dass ich keine Lehre habe», sagt sie.

Auf die Geburt bereitet sie sich nicht vor. «Alle sagten, ich soll den Vorbereitungskurs machen. Aber ich wollte das gar nicht. Ich wäre mir blöd vorgekommen. Da hockt man dort als kleines Mädchen, alleine oder mit der Mutter, und alle sind da mit dem Partner, voll verliebt, und du sitzt dort voll deprimiert. Ich dachte, ich schaffe das alleine.»

Cristina arbeitet weiterhin in der Pflege, steht morgens um fünf Uhr auf, pendelt nach Laufenburg.

Weil die Beziehung mit dem Vater des Kindes sie belastet, macht Cristina Schluss. Als sie im 7. Monat ist, zügelt sie in eine Zweizimmerwohnung unterhalb ihres Vaters. Gianluca kommt im Dezember 2009 auf die Welt.

«Es war komisch. Ich hatte einfach weh, aber nicht realisiert, dass ich jetzt ein Kind habe. Die Hebamme hat dann gesagt: «Luege Sie jetzt mal.» Ich habe runtergeschaut und gar nicht kapiert, dass es jetzt rausgekommen und mein Kind ist. Doch dann, von einer Minute auf die andere, machst du dir Sorgen wegen allem. Da merkte ich schon, Gott, du bist Mami geworden.»

«Gianluca hat einen sturen Kopf»

Gianluca ist ein unkompliziertes Baby. «Er war so lieb am Anfang, immer ruhig, hat nie geweint. Wirklich das perfekte Kind», schwärmt Cristina. Doch als Gianluca ein Jahr alt wird, ändert sich das: «Die letzten Monate waren schon anstrengend. Er ist wie ich. Das sagen alle. Er hat einen recht sturen Kopf. Wenn er hässig war, hat er Sachen rumgeschmissen. Es gab eine Phase, da wollte er nicht im Wagen sitzen, dann hat er einfach geschrieen, im Tram. Alle schauen dich so an. Aber seit ein paar Wochen ist er wieder angenehmer. Spielt alleine, will mir helfen bei allem, was ich mache.»

Nach der Geburt versucht Cristina, ihre Lehre wieder aufzunehmen. Sie arbeitet mit Demenzkranken. Doch mit den unregelmässigen Arbeitszeiten wird das zu viel für sie. «Ich wollte nie Hilfe, sondern alles alleine schaffen. Doch es war alles zu viel. Deshalb habe ich mich bei Amie gemeldet.»

Amie ist ein Projekt des Gewerbeverbands Basel und unterstützt junge Mütter bei ihrem Einstieg ins Berufsleben. «Ich würde heute allen sagen, wenn ihr früh Mami werden wollt, macht vorher eine Ausbildung. Es ist auch recht schwer, was zu finden. Ich ging an viele Vorstellungsgespräche, wo sie sagten: ‹Ah, wir haben soeben gelesen, Sie haben ein Kind.› Da wusste man schon, man muss gar nicht mehr weiterreden.»

Doch Cristina hat Glück. Ein Uhren- und Schmuckgeschäft gibt ihr eine Chance: «Ich habe einen Lehrvertrag als Detailhandelsfachfrau unterschrieben. Ich freue mich riesig. Mein Ziel ist, nicht mehr abhängig vom Sozialamt zu sein. Ich bin froh, wenn ich unabhängig bin, mein eigenes Geld verdiene.»

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