Tanke schön – und tschüss

Die Methode ist simpel. An der Zapfsäule seelenruhig volltanken – dann davonbrausen ohne zu zahlen. Seit der Most so teuer ist, gibts immer mehr Benzindiebe.
Publiziert: 14.05.2008 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 18:55 Uhr
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Von Karin Baltisberger und Gabriela Battaglia

Die ganz Cleveren decken vorher ihre Nummernschilder ab. Oder schrauben sie sogar ab. Denn die Videokameras, die mittlerweile an fast jeder Tankstelle installiert sind, überführen in den meisten Fällen die Benzindiebe.

Und die sind in der ganzen Schweiz unterwegs. Im Autobahn-Kanton Aargau sind es vor allem Autobahnraststätten, die abgezockt werden. «Da geschieht es öfters, dass Leute tanken und danach wegfahren, ohne zu bezahlen», sagt Rudolf Woodtli von der Kantonspolizei Aargau.

Die genaueste Spritklau-Statistik führt der Kanton Waadt. Mit dem Steigen der Preise für Benzin und Diesel nahmen die Diebstähle innert Jahresfrist um satte 50 Prozent zu.

In 84 Fällen kam es letztes Jahr zur Anzeige. Seit Anfang Jahr sind bereits 21 Anzeigen eingegangen. 2006 waren es insgesamt 55 Delikte.

Im Februar erwischte die Waadtländer Polizei einen ganz gewieften Benzin-Vampir. Der 35-jährige Italiener aus dem Wallis hatte rund 20 Mal Benzin geklaut. Dabei tankte er jeweils nicht nur sein Auto voll, sondern füllte gleich noch einen Reservekanister.

Damit ihm die Tankstellenbetreiber und die Polizei nicht auf die Schliche kamen, deckte er jeweils die Nummernschilder ab – es nützte ihm auf die Dauer nichts.

Hinfahren, tanken, abfahren. Das gibts auch im Kanton Zürich. Die Kantonspolizei listet diese Diebstähle nicht separat auf. Sie tauchen unter «übrige Diebstähle» in der Statistik auf. Davon gab es 2007 rund 1100.

Auch im Kanton Baselland werden die Tankstellen nicht verschont. «Der Grund für Benzindiebstahl ist der gleiche wie beim Ladendiebstahl. Entweder will man nicht zahlen oder man kann nicht zahlen», erklärt Mediensprecher Meinrad Stöcklin.

In den allermeisten Fällen gehe es um den Eigengebrauch. Aber nicht jeder Diebstahl landet bei der Polizei. «Wir erfahren oft nur einen Teil der Wahrheit. Viele Tankstellenbetreiber setzen sich direkt mit den Autofahrern in Verbindung.»

So machen es die «Coop Pronto»-Betreiber. Wer nicht bezahlt, kriegt ein Telefon. «In den meisten Fällen bezahlen Kunden aus Gedankenlosigkeit nicht», erklärt Sprecher Jürg Kretzer.

In 99 Prozent der Fälle würden sich die Kunden entschuldigen und den Betrag sofort bezahlen.

Anders bei den Migrol-Tankstellen. Dort wendet man sich direkt mit einer Anzeige an die Polizei.

Die Schweiz ist nicht das einzige Land, das mit Benzindieben zu kämpfen hat. Besonders dreist treiben es die Benzindiebe in Australien. Bevor sie Benzin klauen gehen, schrauben sie erst ein Nummernschild von einem anderen Auto an ihres.

Ein australisches Statistikbüro führte eine Untersuchung durch. Das Ergebnis ist eindeutig: Je höher der Benzinpreis steigt, desto mehr wird Benzin geklaut.

Pro 10 Cent (10 Rappen) Preiserhöhung verzeichnen die Australier 120 Benzindiebstähle mehr im Monat.

Treibstoff wird aber längst nicht nur an Zapfsäulen geklaut. Andere Täter haben sich auf Baustellen spezialisiert. Dort saugen sie Treibstoff aus dem Baustellen-Fahrzeugen ab oder stehlen Reservekanister.

Seit Anfang 2007 gingen der Waadtländer Polizei 16 Baustellen-Täter ins Netz.

Wenn Sie Ihre Benzinrechnung an der Tankstelle bezahlt haben, wie es sich gehört, sorgen Sie dafür, dass der Tankdeckel an Ihrem Auto abgeschlossen ist: Beliebt ist bei Benzindieben nämlich auch das Spritabsaugen aus parkierten Fahrzeugen.

Spüren Sie den hohen Benzinpreis auch? Was halten Sie von Benzin-Klauern? Schreiben Sie uns!

Benzinpreis: Wer wie viel kassiert
Von Silvio Bertolami

Die Mineralölsteuer wird pro Liter erhoben, ebenfalls der Mineralölsteuerzuschlag. Bei einem Liter Bleifrei 95, der an der Säule Fr. 1.89 kostet, belaufen sich diese beiden Steuern zusammen auf 73 Rappen. Sie machen den grössten Teil der staatlichen Abgaben aus. Auch der Klimarappen und die Finanzierung der Pflichtlager werden pro Liter berechnet. Wenn der Literpreis steigt, bleiben diese Steuern also stabil.

Anders bei der Mehrwertsteuer. Diese sprudelt üppiger, wenn der Einstandspreis von Benzin und Diesel steigt.

Zwar fallen Steuern prozentual insgesamt weniger ins Gewicht als vor zehn Jahren. Damals, als Bleifrei 95 noch Fr. 1.16 kostete, gingen ungefähr zwei Drittel des Säulenpreises an den Staat. Heute sind es ungefähr 47 Prozent.

Aber dank der Mehrwertsteuer nimmt der Staat trotzdem ständig mehr ein pro Liter Treibstoff.

Und was macht der Staat mit den Milliarden? Ein ansehnlicher Teil ist zweckgebunden. Von der Mineralölsteuer fliesst die Hälfte in die Bundeskasse, die andere Hälfte finanziert die Strassen und den öffentlichen Verkehr. Der Mineralölsteuerzuschlag geht ganz in die Infrastruktur von privatem und öffentlichem Verkehr.
Von Silvio Bertolami

Die Mineralölsteuer wird pro Liter erhoben, ebenfalls der Mineralölsteuerzuschlag. Bei einem Liter Bleifrei 95, der an der Säule Fr. 1.89 kostet, belaufen sich diese beiden Steuern zusammen auf 73 Rappen. Sie machen den grössten Teil der staatlichen Abgaben aus. Auch der Klimarappen und die Finanzierung der Pflichtlager werden pro Liter berechnet. Wenn der Literpreis steigt, bleiben diese Steuern also stabil.

Anders bei der Mehrwertsteuer. Diese sprudelt üppiger, wenn der Einstandspreis von Benzin und Diesel steigt.

Zwar fallen Steuern prozentual insgesamt weniger ins Gewicht als vor zehn Jahren. Damals, als Bleifrei 95 noch Fr. 1.16 kostete, gingen ungefähr zwei Drittel des Säulenpreises an den Staat. Heute sind es ungefähr 47 Prozent.

Aber dank der Mehrwertsteuer nimmt der Staat trotzdem ständig mehr ein pro Liter Treibstoff.

Und was macht der Staat mit den Milliarden? Ein ansehnlicher Teil ist zweckgebunden. Von der Mineralölsteuer fliesst die Hälfte in die Bundeskasse, die andere Hälfte finanziert die Strassen und den öffentlichen Verkehr. Der Mineralölsteuerzuschlag geht ganz in die Infrastruktur von privatem und öffentlichem Verkehr.
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