Streit um Gemeindepräsident von Salmsach TG
Mercedes aus der Dorfkasse?

In seinem Dorf herrschte Markus Frei wie ein König. Dann schöpften die Bürger Verdacht: Frei hat sie schamlos ausgenommen!
Publiziert: 04.10.2008 um 22:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:17 Uhr
Von Lorenz Honegger

Ein silberner Mercedes Viano (Wert: etwa 60000 Franken) war der ganze Stolz von Markus Frei (49), SVP-Gemeindepräsident im 1400-Seelen-Dorf Salmsach TG. «Dorfkönig Frei», wie ihn viele nannten, hat den Luxusschlitten im Frühling gekauft und kreuzte mit ihm durchs Dorf, damit ihn auch ja alle sahen.

Jetzt steht der Wagen in der Garage und Frei ist wieder in seinem roten Smart unterwegs, denn der Volkszorn richtet sich gegen ihn. Und das kam so: Im Dezember 2007 studierte SP-Gemeinderat Wilfried Häberlin (50) die Gemeinderechnung und staunte: «Ich rechnete nach. Frei hat dem Dorf zusätzlich zu seinem 40-Prozent-Pensum 1079 Stunden à 60 Franken verrechnet.» Macht 64000 Franken extra innerhalb eines einzigen Jahres!

Pflichtbewusst informierte Häberlin seine Gemeinderatskollegen. Doch die interessierte das gar nicht. Ihm Gegenteil, sie verpassten ihm einen Maulkorb. Nur eine Gemeinderatskollegin hielt zu ihm. «Mein Gewissen liess mir keine Ruhe», erzählt er. «Die Dorfbewohner taten mir leid. Es war ja ihr Geld, das Frei kassiert hatte.» Und so schrieb er im Mai Freunden und Parteikollegen einen Brief mit seinem Verdacht.

Die Adressaten waren entrüstet, kopierten den Brief dutzendfach und verteilten ihn in ganz Salmsach. Das «St. Galler Tagblatt» machte den Skandal publik. Für viele Dorfbewohner war klar: «Frei hat den Mercedes aus unserer Dorfkasse bezahlt!»

Die Gemeindeversammlung beauftragte einen unabhängigen Gutachter, und der stellte fest: Hätte Frei die zusätzlichen 1079 Stunden tatsächlich geleistet, dann hätte er täglich 8,4 Stunden für die Gemeinde gearbeitet. Nur: Frei betreibt hauptberuflich zwei Tankstellen mit 17 Angestellten.

Das Dorf schäumt vor Wut. Am Montag strömten viermal mehr Salmsacher an die Gemeindeversammlung als üblich. Frei sass vorne auf dem Podium – und schwieg. Auch gegenüber SonntagsBlick will er sich nicht äussern. Jetzt muss sich der Kanton Thurgau mit dem Fall befassen: Alle Gemeinderäte sind zurückgetreten, um einen Neuanfang zu ermöglichen.

Die Bürger Salmsachs hoffen nun, dass ihr entthronter König das Geld zurückzahlen muss. Den Mercedes wollen sie nie mehr sehen.

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