Sommerpneus im Winter
Dieser Leichtsinn ist legal!

BERN – Schon der dritte Wintereinbruch heuer. Und auf der Strasse rutschen immer noch Autos mit Sommerpneus durch die Gegend. Warum hagelts keine Bussen?
Publiziert: 18.12.2008 um 14:15 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 18:51 Uhr
Von Georg Nopper

Die aussergewöhnlich starken Schneefälle zogen gestern ein riesen Verkehrschaos nach sich: Busse fielen aus, Trams hatten grosse Verspätungen, der Privatverkehr stockte (Blick.ch berichtete). Das passierte auch deshalb, weil einige unbelehrbare Autofahrer mit ihren Sommerpneus nicht vom Fleck kamen und den anderen Verkehrsteilnehmern den Weg versperrten.

Leser liessen darum Dampf ab auf Blick.ch: «Typisch Deutschschweizer», schrieb etwa Mario aus dem Tessin. «Viele Autofahrer sind noch mit Sommerreifen unterwegs!» Oder Roli aus dem Aargau regte sich darüber auf, «dass heutzutage viele Leute mit solchen Verhältnissen nicht mehr umgehen können». Er wollte lieber nicht wissen, «wie viele Leute auch im grössten Winter noch mit Sommerreifen unterwegs sind».

Keine Bussen

Doch warum geht die Polizei nicht einfach mit Bussen gegen diese Autofahrer vor, die den Wintereinbruch verschlafen? Der Grund ist einfach: Es gibt in der Schweiz kein Gesetz, das Sommerpneus im Winter verbietet. Denn um Verstösse dagegen zu ahnden, wäre eine verbindliche Definition von Winterreifen nötig.

Aber laut dem Bundesamt für Strassen Astra «existieren weltweit keine Anforderungen an die technischen Eigenschaften von Winterreifen». Die Hersteller-Bezeichnungen «M+S» (englische Abkürzung für «Schlamm + Schnee») und das Schneeflocken-Symbol «reichen für eine Verankerung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe nicht aus», sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach gegenüber Blick.ch.

Empfehlungen statt Gesetze

Astra gibt deshalb fürs Autofahren bei winterlichen Verhältnissen nur Empfehlungen ab: «Um sicher unterwegs zu sein, soll jeder Autolenker wintertaugliche Reifen mit einer Profiltiefe von mindestens vier Millimetern an seinem Fahrzeug montieren», so Rohrbach.

Vorschriften, die besagen, wann Winterpneus zu montieren sind, gibt es in der Schweiz nicht. Im Gegensatz zu Deutschland: Dort sind Winterpneus in der kalten Jahreszeit obligatorisch. Die Behörden richten sich dort laut Astra-Sprecher Rohrbach einzig und allein nach den Bezeichnungen der Hersteller («M+S, Schneeflocken-Symbol).

«Ein behördlich verordneter Winter wäre, gelinde gesagt, ein Schildbürgerstreich», ist Rohrbach überzeugt. «Das Wettergeschehen hält sich nicht an Gesetze und Verordnungen.» Stattdessen empfiehlt Astra die folgende Faustregel: Wintertaugliche Bereifung sei von «O bis O», von Oktober bis Ostern, unabdingbar.

Sollten Winterpneus in der kalten Jahreszeit per Gesetz verordnet werden? Finden Sie, Empfehlungen genügen? Schreiben Sie uns!
Versicherungen wollen Geld sehen
Passiert wegen fehlender Winterreifen ein Verkehrsunfall, sieht die Situation schon etwas anders aus: Versicherungen können den Verursacher in Regress nehmen. Das heisst, dieser muss für den entstandenen Schaden aufkommen. Zudem muss auch mit einer saftigen Busse gerechnet werden.
Passiert wegen fehlender Winterreifen ein Verkehrsunfall, sieht die Situation schon etwas anders aus: Versicherungen können den Verursacher in Regress nehmen. Das heisst, dieser muss für den entstandenen Schaden aufkommen. Zudem muss auch mit einer saftigen Busse gerechnet werden.
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