Jacqueline Frossard (62) ist Psychotherapeutin und Vorstandsmitglied der Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP.
Was soll ich tun, wenn...
... sich die aktuelle Situation schier endlos anfühlt und ich mich darin gefangen fühle?
Am besten geht man mit solchen Gefühlen um wie mit einem Schnupfen. Es gibt Hausmittelchen, die vielleicht helfen – aber letztendlich bleibt nur, den Schnupfen zu akzeptieren im Wissen darum, dass er wieder weggeht. Gleichzeitig ist jetzt der Zeitpunkt, Dinge anzupacken: Fotos ordnen, Ferienalben machen, Wände neu streichen, das Auto putzen, die nächsten Ferien planen oder sich in Meditation üben. Fragen Sie sich, was Sie schon immer tun wollten und erstellen Sie eine entsprechende Liste, die Sie bei Bedarf konsultieren können. Denn: Wenn die negativen Gefühle am stärksten sind, kommt einem in der Regel nichts in den Sinn. Und: Auch wenn man das Licht am Ende des Tunnels nicht sieht, fährt der Zug dennoch.
... die Skiferien, gemeinsame Essen mit Freunden und Weihnachtsfeste ins Wasser zu fallen drohen – und ich nicht mehr weiss, worauf ich mich noch freuen soll?
Konzentrieren Sie sich weniger darauf, was nicht ist, und mehr darauf, was ist und was sein könnte. Wir sind in einer speziellen Phase, die auch wieder vorübergeht. Kreativität hilft! Eine Bekannte von mir hat zum Beispiel einen Rezeptaustausch organisiert. Vier Personen haben dasselbe gekocht und zum gemeinsamen Essen hat man sich virtuell getroffen. Natürlich sind Videokonferenzen und Telefongespräche nicht dasselbe wie ein Treffen, wertvoll sind sie trotzdem.
... ich grosse Angst habe, mich mit dem Virus anzustecken und einen schweren Krankheitsverlauf zu haben?
Spaziergänge an der frischen Luft und das Sonnenlicht stärken die Abwehr und bringen neue Gedanken. Wer unsicher ist, kann sich auch bei der Hausärztin oder dem Hausarzt melden, um das Risiko eines schweren Verlaufs abzuklären. Sollte die Panik weiter bestehen, sollte man professionelle psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
… ich nicht mehr gut schlafe und mich kaum mehr entspannen kann, weil die Corona-News ständig in meinem Kopf kreisen?
Fragen Sie sich: Tut es mir wirklich gut, mir ständig alle Informationen zu Gemüte zu führen? Wenn der Körper sagt, es ist genug, sollte man das akzeptieren und seinem Kopf andere Inhalte gönnen – einen schönen Film, Spiele zum Beispiel.
… meine Kinder ständig aufgedreht sind?
Viel Bewegung, möglichst draussen! Auch basteln wirkt beruhigend. Versuchen Sie, die Kinder in den Alltag einzubeziehen, lassen Sie sie beim Kochen und Backen helfen. Und ja, es liegt auch mal drin, den Kindern mehr Zeit am Computer, dem Handy oder vor dem Fernseher zu gewähren – solange ihnen erklärt wird, dass dies nur für die jetzige Ausnahmesituation gilt und nicht für immer so sein wird. Aufgezeichnet: Dana Liechti