Abdol (47), Kolsum (45) Amiri, Thalwil ZH, aus Afghanistan, 5 Jahre in der Schweiz, Kioskbetreiber
«Auch in der Schweiz muss man kämpfen. Von überall kommen die Rechnungen. Früher lebten wir vom Sozialamt. Ich (Abdol) wollte unbedingt arbeiten, seit meinem elften Lebensjahr arbeite ich. Nun haben wir unseren Kiosk. Der Tag startet um 3.30 Uhr, endet um 21.30 Uhr. Wir sind zufrieden, eine richtige Arbeit ist gut. Die Schweizer unterstützen uns, indem sie gezielt bei uns einkaufen. Die afghanische Gastfreundschaft vermissen wir. Gäste gehören bei uns wie zur Familie.»
Hildaci Kuhn (66), Effretikon ZH, aus Brasilien, 41 Jahre in der Schweiz, Kultur-Dolmetscherin
«Falls ich Kindheitserinnerungen wachrufen will, finde ich hier in der Schweiz mittlerweile viele brasilianische Produkte. Wer stark unter Heimweh leidet, sollte allerdings heimgehen. Heimweh ist ungesund und unerträglich für die Mitmenschen. Integration muss man sich erarbeiten. Als ich neu hier war, half ich in der Ludothek mit. Das war genau, was mir gefehlt hat: neue Leute zu treffen. Im Quartier bin ich weniger für meine Caipirinha bekannt als dafür, mit einer grossen Enkelschar unterwegs zu sein. Was ich an der Schweiz so schätze: Sie gibt jedem Menschen die Möglichkeit, frei und sich selber zu sein.»
Losang Tsephel Dimetsang, Zürich, aus Tibet, 7 Jahre in der Schweiz, Koch
«In Tibet müssen die Kinder ihre Eltern mit Respekt behandeln. Die Jungen schauen zu den Älteren, kochen für sie, pflegen sie. Hier ist das weniger der Fall. Mehr Respekt vor dem Alter, das wünsche ich der Schweiz zum Geburtstag. Ich bin dem Land für immer dankbar. Als meine Frau starb, bekam ich für meine Kinder innert Monaten ein Visum. Ich vermisse meine Familie, die Berge, die Landschaft. Und natürlich den Alpsommer mit den Yaks.»
Ana Carvalho (35), Köniz bei Bern, aus Portugal, 4 Jahre in der Schweiz, Lehrerin
«Die Schweizer sind sehr nett, aber auch zurückhaltend. Freunde zu finden, ist nicht ganz einfach. Das politische System ist einmalig. Die Portugiesen engagieren sich bei politischen Prozessen kaum, die Schweizer dagegen schon. Und sie sind sehr pünktlich, dafür weniger spontan. Ich habe mich angepasst. Die Wochenenden plane ich auch im Voraus. Was auffällt: Die Leute gehen raus, um das Wetter und die Natur zu geniessen.»
Ate Attaklita (37), Winterthur ZH, aus Eritrea, 7 Jahre in der Schweiz, Lastwagenchauffeur
«In der Schweiz ist alles so perfekt ordentlich. Sogar die Bäume am Strassenrand haben immer exakt den gleichen Abstand. Das Wichtigste aber: Hier gibt es Frieden, Sicherheit und Menschenrechte. Ich bin darum sehr dankbar, dass ich mit meiner Familie hier leben darf. Die Schweizer sind zudem sehr hilfsbereite Menschen. Was ich vermisse, ist einzig, dass bei Festen alle gemeinsam von einem grossen Teller essen. In Eritrea macht man das so – das ist schön.»
Lamija Schäfer (54), Winterthur ZH, aus Bosnien, 27 Jahre in der Schweiz, OP-Schwester
«Die Schweiz ist weltweit eine tolle Ausnahme, die Bürger dürfen bei allem mitreden. Und Arbeit gilt hier etwas. Diese Arbeitsmoral würde Bosnien auch guttun. Ich bin über die Jahre ebenfalls so geworden. Vor 27 Jahren hätte ich ohne schlechtes Gewissen blaugemacht. Heute würde mir beim Flunkern die Stimme zittern. Was mich irritiert: dass ich noch immer als Jugo bezeichnet werde. Die Schweiz ist meine Heimat. Unten erkenne ich nichts wieder: Die Gebäude, die Leute, sogar die Natur ist anders.»
Mili Mehmedi (28), Reinach AG, 24 Jahre in der Schweiz, aus Mazedonien, Verkäufer
«Hier muss man manchmal fast zu perfekt sein, um überleben zu können. Fährst du
ein bisschen zu schnell, hast du gleich eine Busse. Zugleich liebe ich die Schweiz für ihre Gesetze. In meiner Heimat gibt es Unfälle, weil sich keiner an die Regeln hält. Hier bekommst du einen Job, wenn du als Person und mit deinen Fähigkeiten überzeugst. Zu Hause entscheidet das Parteibuch. In meinem Heimatland fühle ich mich eher als Schweizer. Bin ich hier, eher als Albaner. Wir sind arme Sieche – überall Ausländer!
«Es bedeutet mir viel, dass ich mich in der Schweiz immer frei und sicher fühlen kann. Im Irak wusste ich nicht, ob ich je zurückkomme, wenn ich zur Haustür hinausging. Frei macht es mich auch zu wissen: Selbst wenn es mir schlecht geht, beispielsweise weil ich krank bin, muss ich mich nicht sorgen – dank der guten Versicherungen hier. Der 1. August ist auch mein Geburtstag. Ich geniesse den Tag also gleich doppelt.»
Maria Bosshard (80), St. Gallen, aus Italien, 55 Jahre in der Schweiz, Rentnerin
«Ich gehe gern heim nach Italien. Mein Zuhause aber ist die Schweiz. Als mein Bruder meinte, dass es im Familiengrab meines Heimatdorfs auch Platz für mich gibt, sagte ich ihm: Ich bleibe hier. Ich will einmal neben meinem Mann liegen. Wer die Schweiz respektiert, der hat hier keine Probleme und ein gutes Leben. Geblieben ist die italienische Küche. Ich koche wie meine Nonna. Alles selber gemacht. Keine modernen Sachen. Das mögen auch die Schweizer.»