Die Vorbilder auf Instagram machen es ihnen vor. Volle Lippen, praller Busen, hohe Wangenknochen, zartes Kinn – mit diesem Schönheitsideal sind Jugendliche in den sozialen Netzwerken ständig konfrontiert. Mega-Star Kylie Jenner liess sich schon im Teenageralter die Lippen aufspritzen.
Die Schweizer Influencerin Michelle (16), bekannt als «michellemelodyx» macht es nach. Regelmässig lässt sie sich in der Praxis Beauty2go Lippen und Nase machen, wie sie gegenüber «SRF» verrät. Bezahlen muss sie den Eingriff nicht, veröffentlicht dafür ein Selfie nach der Behandlung auf ihrem Account.
«Mehr Erfolg durch attraktives Aussehen»
Doch nicht alle sind Influencer und kriegen Eingriffe kostenlos – wollen aber so aussehen. Und das geht ins Geld. Diejenigen, die sich das Angebot trotzdem nicht leisten können, werden von Schönheitskliniken an Kreditvermittler verwiesen – zum Beispiel an CashMed. Dieser vergibt Kredite gezielt für Schönheitseingriffe, schon an Studenten mit monatlichem Einkommen von 2500 Franken. Der Slogan: «Mehr Erfolg durch attraktives Aussehen!»
Auch der Anbieter MultiCredit wirbt mit Darlehen für ästhetische Eingriffe. Auf der Webseite heisst es: «Benötigen Sie Geld für eine Schönheitsoperation? Fühlen Sie sich frei, einen Kredit für Chirurgie zu beantragen. Erfüllen Sie sich Ihre Träume und Wünsche, ohne in eine Schuldenfalle zu geraten.» Wie viele Kunden das Angebot in Anspruch nehmen, verrät Geschäftsführer Aslan Münür nicht. Auf Nachfrage von BLICK sagt er plötzlich: «Das Segment Schönheitsoperation interessiert uns nicht.»
Schuldenberater in Sorge
Sébastien Mercier, Geschäftsleiter der Schuldenberatung Schweiz, macht sich Sorgen: «Es gibt mehr und mehr dubiose Kreditvermittler, die mit der Finanzierung von Schönheits-OPs versuchen, Aufmerksamkeit zu erregen. Viele gehen zu weit und verstossen gegen das gesetzliche Verbot von aggressiver Werbung», sagt er.
Bisher erhebt die Schuldenberatung Schweiz keine Zahlen, wie viele Personen sich durch ästhetische Eingriffe verschulden. Es seien wenige, sagt Mercier. Noch. Der Geschäftsleiter hält fest: «Die Personen nehmen oft sehr spät eine Beratung in Anspruch. So können wir nur mit Verspätung solche Entwicklungen feststellen.»
Schönheitsklinik wirbt mit Rabatt für Junge
Neben Lippen-Aufspritzen sind auch Brustvergrösserungen im Trend. Die Meduno-Klinik in Zürich und Bern hat den Trend ebenfalls erkannt. Unter 30-Jährige zahlen hier in einer «Herbst-Winter-Aktion» nur 6500 statt 9500 Franken für eine Brustvergrösserung. Kliniken versuchen nun, Schönheits-OPs sogar als Erlebnis zu verkaufen. So bietet beispielsweise die Lucerne Clinic Rabatt für «Busenfreundinnen» an: Lassen sich beide operieren, kostet der Eingriff pro Person 1000 Franken weniger.
Dass Influencer für junge Menschen ein Schönheitsideal vermitteln, das diese nur mit chirurgischen Eingriffen erreichen, nutzt zum Beispiel Beauty2go aus – und lässt 16-Jährige wie «michellemelodyx» per Instagram für die Klinik werben. «Seit Kylie Jenner haben wir immer mehr junge Kundinnen», sagt Gründerin Alexandra Lüönd zu BLICK. Man versuche, die Preise so niedrig wie möglich zu halten, rechtfertigt sie sich. Schliesslich hätten die Jungen auch weniger Einkommen.
Das Aufspritzen der Lippen mit Hyaluron kostet zwischen 235 und 580 Franken, je nach injizierter Menge. Alle paar Wochen muss die Behandlung wiederholt werden, da sich das Hyaluron wieder abbaut. Das geht ins Geld. Lüönd sagt: «Wir haben jeweils um den 25. Tag des Monats den grössten Ansturm. Weil die Kundinnen dann ihren Lohn bekommen.»
Sind Sie wegen eines ästhetischen Eingriffs schon einmal in Geldnot geraten? Gehen Sie trotz knapper Kasse immer zum Lippen-Aufspritzen? Wurden Sie von Kredithaien übers Ohr gehauen? Melden Sie sich per Email an redaktion@blick.ch oder via Whatsapp an 079 813 80 41